Kulturmanager, Literat & Satiriker


05. März 2022

Der Freund Putins


Uli Pforr, 2014, im Besitz von Hubertus Franzen
und vierte Nachfolger Sergiu Celibidaches, nach James Levine, Christian Thielemann und Lorin Maazel – Walerie Gergijew, wurde durch Dieter Reiter, den Oberbürgermeister Münchens vor die Alternative gestellt, seiner druzhba, Freundschaft, zu Wladimir Putin abzuschwören, den der Patriarch von Moskau und der ganzen Rus, Kyrill I., als podarok ot Boga, als Geschenk Gottes, titulierte, oder aber seine Tage als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker würden beendet werden, und da Walerie Gergijew die gestellte Frist durch seinen durch freie Wahlen legitimierten Arbeitgeber bis zum letzten Tag des Monates Februar verstreichen ließ, ohne den Demokraten Reiter einer Antwort für würdig zu befinden, suchen die Münchner Philharmoniker nun den fünften Nachfolger Sergiu Celibidaches, der die Welt mi den Worten beschenkte: Ein Dirigent ist ein Despot, der sich glücklicherweise mit der Musik begnügt.

Nun zweifelt kaum noch jemand daran, dass Wladimir Putin, dar Bozhiy narodu Rossii, das Geschenk Gottes an die Menschen Russland, kein Demokrat ist, und ein lupenreiner schon gar nicht, auch die Bundeskanzlerin a. D, Frau Merkel, würde ihrem Vorgänger, Gerhard Schröder, mit dieser Behauptung nicht folgen wollen, aber Herr Reiter, der auf die „SPD-Größen“ Hans Georg Kronawitter und Christian Ude, dem Ehrenbürger von Pülümür im tiefen Anatolien, als Stadtoberhaupt am 1. Mai 2014 folgte, schloss mit Walerie Gergijew den Vertrag als der Freund des Dirigenten, Wladimir Putin, bereits die Krim annektiert hatte, die seit dem 7. Russisch-Türkischen Krieg zu Russland gehörte, bedingt durch den Frieden von Jassy im Jahre 1792. Und der das Krim-Khanat für das Russische Kaiserreich eroberte, und Odessa, Sewastopol und die Schwarzmeerflotte dabei nicht zu gründen vergaß, war einer der zahlreichen Geliebten Katharina II., der Großen, die als deutsche Prinzessin von Anhalt-Zerbst in Stettin geboren wurde – Fürst Grigori Alexandrowitsch Potjomkin.

Die Annexion der Krim am 18. März 2014 durch Wladimir Putin, die seit dem Zerfall der UdSSR zur Ukraine gehörte, muss Herrn Reiter im Jahre 2015 nicht gestört haben, als Lorin Maazel am 13. Juli 2014 in Castleton, Rappahannock County starb, und man ihm nahelegte, doch den großen russischen Dirigenten, wie man vermuten darf, Walerie Gergijew, den Freund Wladimir Putins zu verpflichten, der von Frau Merkel nach der Annexion der Krim nicht mehr für würdig befunden wurde, am G8-Gipfel auf Schloss Elmau im Jahre 2015 teilzunehmen, und die aus dem G8-Gipfel einen G7-Gipfel machte, und trotzdem hin und wieder nach Moskau aufbrach, um mit dem Aggressor Putin den Dialog nicht abreißen zu lassen.

Man kann darüber trefflich streiten, welchen Sinn es macht, von einem Manne, dessen künstlerischer Lebensmittelpunkt Sankt Petersburg ist, der, am 2. Mai 1953 in Moskau geboren, zum berühmtesten Dirigenten Russland aufstieg, und dessen Vertrag mit der Stadt München im Jahre 2018 bis zum Jahre 2025 verlängert wurde, eine Erklärung gegen seinen Freund, den der Patriarch von Moskau als Geschenk Gottes, podarok ot Boga, pries, zu verlangen. Übrigens im Jahre 2018, als Herr Reiter den Vertrag mit Gergijew vorzeitig verlängerte, wurde Wladimir Wladimirowitsch Putin für weitere 6 Jahre wieder gewählt und die Präsidenten-Wahl wurde nicht am 11.März durchgeführt, wie ursprünglich geplant, sondern auf den 18.März, dem vierten Jahrestag der Annexion der Krim, verlegt.

Ich kann mir vorstellen, mit welchen Summen man den Dirigenten von der Newa an die Isar lockte, denn ich war von 1981 bis 1986 Intendant und Verwaltungsdirektor der Münchner Philharmoniker, in Personalunion, in der „nicht allzu leichten Zusammenarbeit“ mit Sergiu Celibidache, der alle seine Kollegen als übelste Dilettanten und Anne Sophie Mutter als geigendes Huhn zu bezeichnen beliebte, und deshalb glaube ich die Summe schätzen zu können, welche die Stadt München an den Freund Putins zahlen wird müssen, mit dem ich übrigens als Leiter der Hauptabteilung Klangkörper des Mitteldeutschen Rundfunks und Gründers des MDR-Musiksommers, zu meiner Zeit das größte Musik-Festival in den drei Trägerländern des MDR, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, im Sommer 1993, nach einem Konzert mit seinem Mariinsky-Orchester in der Semper-Oper Dresden, im Kempinsky-Taschenberg-Palais, bis in die frühen Morgenstunden zusammen saß, einem Mann mit Humor und Selbstironie. Dass man den vielbejubelten Maestro jetzt überall auslädt in Wien, Mailand und Hamburg, zeugt nicht von Geschichtskenntnis, auch sollte man nicht vergessen, dass Putin, das Geschenk Gottes, wie Patriarch Kyrill I. Zar Putin bezeichnete, nicht nur seinem Freund Walerie Gergijew das Opernhaus Mariinky II, sondern auch einen herrlichen Konzertsaal baute, und Gergijew ist nicht nur Chefdirigent, sondern auch seit 1996 Intendant des Mariinsky, und es war bekannt, dass er im Jahre 2012 Wahlwerbung für Putin gemacht und 2014 die Annexion der Krim befürwortete, als noch alle Herrn Putin Avancen machten, und sich die Politiker aus den Demokratien nach Moskau aufmachten. Wenn Herr Reiter das nicht wusste, hatte er keine guten Ratgeber.

Die Beziehungen zwischen Künstlern und Politikern, ob Diktatoren oder Demokraten ist ein Kapitel, über welchem die Überschrift steht: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing, und das bis in die Zeit der Minnesänger, der Troubadore, zurückreicht. Man denke nur an Adolf Hitler, der in München zu furchtbarer Größe aufstieg und alle die Künstler, die in seiner Gnade lebten, und leben mussten, als er 1933, nicht zuletzt mit Hilfe der Katholischen Zentrums Partei und der Bayerischen Volkspartei, die für sein Ermächtigungsgesetz stimmten, sich zum Führer aufschwang.

Zu den Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker gehörte von 1938 bis 1944 Oswald Kabasta, im Jahre 1896 in Mistelbach im Kaiserreich Österreich-Ungarn geboren, 1934 zum Chefdirigenten der Wiener Symphoniker berufen, wurde der bedeutende Bruckner-Interpret 1938 Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, dem Orchester, welches von Adolf Hitler mit dem Titel „Orchester der Hauptstadt der Bewegung“ ausgezeichnet wurde, und der in der Endphase des Dritten Reiches in die Gottbegnadeten-Liste aufgenommen, und so vor dem Heldentod für Führer und Reich bewahrt wurde, wie viele, deren Karriere nach dem Untergang Hitlers beinahe nahtlos weiterging Und wer stand nicht Alles auf der Liste der von Gott begnadeten Musiker, Dichter, Maler und Architekten, Auf der Sonderliste der Musiker standen Hans Pfitzner, Richard Strauss und Wilhelm Furtwängler, und auf der weiteren Dirigenten-Liste finden sich Herbert von Karajan, Karl Böhm, Eugen Jochum, Hans Knappertsbusch, Joseph Keilberth, Clemens Krauss, und Hans Schmidt-Isserstedt, der Gründer des NDR-Sinfonieorchesters Hamburg, dessen Manager (Leitender Redakteur) ich von 1988 bis 1991 sein durfte, und das seit 2017 unter NDR-Elbphilharmonie-Orchester firmiert.

Auch Carl Orff und Werner Egk, die ich in meiner Münchner Zeit immer wieder traf und deren Werke ich mit dem Philharmonischen Chor und den Münchner Philharmoniker aufführen ließ, waren auf der Gottbegnadeten-Liste Adolf Hitlers zu finden, während Bruno Walter, Gewandhauskapellmeister von 1929 bis 1933 von den Nazis aus Leipzig vom Podium gejagt wurde, wie Otto Klemperer und Erich Kleiber in Berlin. Leo Blech, gehörte zu den jüdischen Dirigenten über die Hermann Göring lange seine schützende Hände hielt, zu dessen Protegés nicht zuletzt Herbert von Karajan und Gustav Gründgens, der Reichs-Mephisto, gehörten.

Die Moralkeule zu schwingen ist leicht, und lehnten sich die Bischöfe der katholischen und evangelischen Kirche gegen den Führer auf? Mitnichten. Keiner der Herren, welche die Moral predigten und immer wieder predigen, hat es gewagt Hitler die Stirn zu bieten, getreu dem Motto: Führer befiel, wir folgen dir. Nein, diese katholischen Hirten in Brüsseler-Spitzen mit Mitra und Krummstab – weide meine Schafe, weide meine Lämmer – verherrlichten Adolf Hitler als den von Gott gesandten Führer, wie der Patriarch von Moskau Putin als Geschenk Gottes bezeichnete und ihn, so darf vermutet werden, täglich in seine Gebete einschließt.

Doch zurück zu Oswald Kabasta, dem nach dem Kriege verboten wurde zu dirigieren mit der Begründung, er wäre 1932 bereits in Österreich in die NSDAP eingetreten. Die Stadt München entließ Kabasta fristlos und stellte die Zahlungen an ihn ein, Oberbürgermeister war Otto Scharnagl, der Mitbegründer der CSU, der auch bereits von 1925 bis 1933 Oberbürgermeister Münchens war. Und was tat Oswald Kabasta? Der fromme Katholik aus Österreich ging mit seiner Frau in die Kirche von Kufstein, nahm eine Überdosis Schlaftabletten mit denen er seinem Leben ein Ende setze, während seine Frau den Suizid überlebte, es aber Monate später ein zweites Mal versuchte, und so ruhen sie beide auf dem Friedhof in Kufstein, bis der Gott, an den sie glaubten, in novissimo die huius mundi, zum Gerichte ruft.

Wladimir Putin, den der Patriarch von Moskau und ganz Russland, als Geschenk Gottes, als podarok ot Boga, lobte und pries, und lobt und preist, soll in der Hauptkirche der Russischen-Streitkräfte, der Tserkov‘ Vooruzhennykh il Rossii, unter den Engeln und Heiligen in der Hauptkuppel abgebildet sein, wie übrigens auch Väterchen Stalin, denn die Hauptkirche der Russischen-Streitkräfte, die viert-größte Kirche des heiligen Russlands, wurde aus Anlass des 75-jährigen Jahrestages des Sieges über Hitler Deutschland eingeweiht.

Wilhelm Furtwängler dirigierte alljährlich am Vorabend des Führergeburtstages die IX. Symphonie Beethovens, verbunden mit einer Rede des Reichspropagandaminister Dr. Joseph Goebbels, dem Hahn von Babelsberg, und nun braucht man sich nur noch vorzustellen, wie viele Siegessymphonien Furtwängler hätte komponieren müssen, wenn unser aller Führer, der Vergöttlichte, denn ich wurde im Jahre 1934 geboren, den Krieg gewonnen und die Russen heute alle Sklaven von uns deutschen Herrenmenschen wären, wie die Polen und die Ukrainer, die Franzosen und die Engländer, Schotten und Iren, die Italiener und Ägypter. Ich schätze die Dirigenten müssten heute in ihrem Repertoire 10 Siegessymphonien Furtwänglers haben, und nicht nur die Symphonien von Beethoven, Brahms und Bruckner, jede mit einem obligatorischen Trauermarsch, wie in Beethovens Eroica, doch länger, viel länger und einem anschließenden Sieges-Satz mit Texten der Dichter, die für ihr Werke den Hitler-Literaturpreis erhalten hätten, dotiert mit 1 Million-Reichsmark, einer Villa auf Rügen, der Krim oder Mallorca, freie Fahrt I. Klasse mit der Reichsbahn bis Kiew, Moskau und Wladiwostok, was natürlich heute Adolf-Hitler-Stadt hieße, und einer monatlichen Rente von 20.000 Reichsmark. Und warum würden wir nur 10 Siegessymphonien von Wilhelm Furtwängler hören? Weil Gustav Heinrich Ernst Martin Wilhelm Furtwängler am 30. November 1954 im Alter von nur 68 Jahren starb.

Übrigens, dass Mariinsky-Theater Sankt Petersburg hat eine Dependance in Wladiwostok, und wer ist der Intendant? Der von Oberbürgermeister Reiter, dem Moral-Demokraten, geschasste weltberühmte Dirigent und Freund Wladimir Putins, Walerie Gergijew, dem auch die künstlerische Leitung für den Bau des Moskauer Konzertsaals Sarjadje übertragen wurde. Träger des Konzertsaales ist die Stadt Moskau und Vorsitzender des künstlerischen Beirates ist, Sie ahnen es? – Walerie Gergijew.

Und nun darf man gespannt sein, welchen Dirigenten die Verantwortlichen der Landeshauptstadt München jetzt aus dem Hut zaubern. Vielleicht hat Herr Reiter ja den Mut mit einer Dirigentin einen Vertrag zu machen, denn auf eine Erzbischöfin von München und Freising werden die Katholiken in der Hauptstadt Bayerns auch die nächsten Jahrzehnte vergeblich hoffen, obwohl die Stellvertreter Gottes eine Jüdin seit mehr als zwei Jahrtausenden als Göttin anbeten, und nicht nur in München, nein, auch in Altötting und Tuntenhausen, wo die vergöttliche Jungfrau aus Nazareth in Galiläa erstmals im Jahre 1441 erschien, es war das Jahr, in welchem sich das Khanat der Krim von dem Khanat der Goldenen Horde abspaltete, ein mongolisches Khanat, welches sich von der Krim bis weit nach Westsibirien erstreckte.

Es ist nicht fair, Herr Oberbürgermeister Reiter, Menschen zu Aussagen zwingen zu wollen, die damit ihre Karriere und möglichweise auch ihr Leben aufs Spiel setzen. Auch hat nicht jeder den Mut wie Alexei Anatoljewitsch Nawalny, der dem Zaren Wladimir Wladimirowitsch Putin die Stirn bietet, den der Gottesmann und Patriarch von Moskau, Kyrill I. als podorok ot Boga, als Geschenk Gottes, bezeichnete, eines Gottes übrigens, der rachsüchtiger nicht sein kann, wie uns die Bibel lehrt, ein Gott, in dessen heiligen Namen seit mehr als 2000 Jahren die furchtbarsten Verbrechen in nomine Patris et Filii et Spirtus Sancti begangen wurden und werden, und dies bis in Ewigkeit – Amen.



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