Kulturmanager, Literat & Satiriker


I. Dialog mit Luca

Ich bin Luca, doch ich wurde auf den Namen Sriyani Mi-kha getauft, aber nicht in einem der Hochtäler Tibets, sondern in Nieste. Sie fragen, wo Nieste liegt? Eine gute Frage, aber ich hörte, ich konnte noch nicht die Augen öffnen und kuschelte mich an meine Mami, sie heißt Sriyani Hjam-ma, wie auch meine Geschwister, dass die Stadt Kassel in der Nähe von Nieste liege.

Meine Mami ist eine schöne Hündin, denn sie gewann mehrere Schönheitswettbewerbe. Sie wollen wissen welche? Sie war oder besser ist, denn ich denke, sie ist immer noch schön, obwohl ich sie seit meinem Umzug von Nieste nach Hamburg nie mehr sah, also meine Mami, die mich geboren hat, war Deutscher Jugendchampion der KTR. Sie fragen, was der KTR ist? Es ist der Internationale Klub Tibetischer Hunderassen, aber meine Mama Sriyani Hjam-ma ist nicht nur Champion dieser Vereinigung, sondern auch Champion des VDH. VDH klingt wie ADAC, aber es ist der Verband für das Deutsche Hundewesen; meine Hundemama hat also insgesamt drei Schönheitswettbewerbe gewonnen, und auch ich bin schön, denn wenn mich meine Menschenmami Inge und mein Menschenpapi Hubertus ausführen, ich höre nur auf Mami und Papi, bleiben immer wieder Menschen stehen und sagen – was für ein schöner Kerl.

Sie sagen selten Hund, nein sie sagen Kerl. Doch sicher wollen Sie auch den Namen meines Hundevaters wissen, den ich übrigens nie kennenlernte, er soll irgendwo im Rheinland wohnen, auch soll die Begegnung zwischen ihm und meiner Hundemama kurz, doch sehr erfolgreich gewesen sein, der Name meine Hundepapis ist Taro-Lamleh von Kamal-a-schila, und auch er, so steht es in meinem Ahnenpass, war Deutscher Jugendchampion. Der Vater meines Hundevaters hat auch einen wohlklingenden Namen – nämlich A-ti mak-ta-ka Kyang of Ming Lamleh von Nama-schu, und die Mutter meines Vaters heißt I‘ Nora Lamleh von Kamal-a-schila.

Natürlich war der Vater meines Vaters Deutscher Champion und KTR-Klubsieger des Jahres 2009. Ich weiß, das Ganze ist verwirrend, auch für mich, und darum bin ich auch glücklich, dass ich kurz und knapp Luca heiße und nicht Tschal-Pa´s Lhan-du, denn das ist der Name meines anderen Großvaters, des Vaters meiner Mutter. Und nun wollen Sie auch noch wissen was der Name der Mutter meiner Mutter ist? Ihr Name ist Sriyani Byon-pa.

Ich bin also froh, dass ich kurz und knapp Luca und nicht A-ti mak-ta-ka Kyang of Ming Lamleh von Nama-schu hiße – mein Gott, was für ein Zungenbrecher. Es war übrigens meine Adoptivmami – Inge, der ich vom ersten Augenblick meine ganze Liebe schenkte, die mich Luca nannte und mein Adoptivpapi ist Hubertus, der immerzu Romane, politisch-satirische Romane, schreibt, ich muss schreiben, sagt Hubertus zu mir und ich schreibe nicht erst seit meiner Pensionierung Luca, ich habe auch schon Bücher geschrieben, als ich noch Intendant der Münchner Philharmoniker, Manager des NDR-Sinfonieorchesters Hamburg, das Orchester heißt seit 2016 NDR-Elbphilharmonie Orchester und Leiter der Hauptabteilung Klangkörper des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig und Gründer und Leiter des MDR-Musiksommers, einem der größten Festivals klassischer Musik in Deutschland war, und du, Luca, noch nicht geboren warst.

Und wann wurde ich geboren – Hubertus?

Am 22. Oktober des Jahres 2013, es war das Jahr, in welchem der FC Bayern München Deutscher Meister und Deutscher Pokalsieger wurde und die Champions-League gewann und es war der Tag, an dem Bastian starb – mein Luca.

Und wer war Bastian – Hubertus?

Bastian war der zweite Tibetapso von Inge und mir, er starb an Krebs und wurde nur sieben Jahre alt und er wurde so geliebt, wie du geliebt wirst – Luca.

Morgens geht Hubertus mit mir immer an der Elbe spazieren, denn wir wohnen zu Dritt, also Inge, Hubertus und ich, Luca, in einem der Elbvororte in einem Haus mit Garten und mit vielen Blumen und ich genieße den Garten mit den großen Azaleen – und Rhododendron-Sträuchern, von denen es mehr als tausend verschiedene Arten geben soll, wie mir Inge erklärte. Der Frühling ist für mich immer die schönste Jahreszeit, während ich es im Sommer vermeide im Garten zu liegen, auch nicht unter den Bäumen, Sträuchern und Markisen und da Hubertus ein Frühaufsteher ist, macht es ihm nichts aus, bereits im Juni und Juli um sechs Uhr das Bett zu verlassen und mit mir in der Kühle des Morgens an die Elbe zu gehen, wo ich den Duft vieler Hunde genießen kann.

Gerne würde ich auch ins Wasser gehen, aber Hubertus sagt immer Luca, das ist zu gefährlich, die Elbe hat Strudel und die großen Ozeanriesen machen Wellen, die auch für Hunde und Menschen gefährlich werden können. Doch einmal in der Woche fahre ich mit Inge nach Hetlingen in den Elbmarschen, wo es weite und breite Sandstrände gibt und wo ich Jaala treffe. Jaala ist eine Rassehündin, wie ich und eine Tibeterin, wie ich ein Tibetapso bin, apso bedeutet Langhaar und meine Inge muss mich einmal in der Woche durchkämmen, damit mein Fell nicht verfilzt. Ich kann nicht behaupten, dass ich diese Prozedur genieße, auch wenn es danach ein Schweineohr gibt, was ich dann irgendwo im Haus verstecke, um es dann, nach und nach, genussvoll zu kauen, bis nur noch ein kümmerlicher Rest übrigbleibt, den Inge oder Hubertus dann aufheben und entsorgen. Auch verlassen Inge und Hubertus mit mir das Haus nie ohne Kacki-Tüten, denn wenn ich auf dem Bürgersteig ein Häufchen machen muss, es lässt sich nicht vermeiden, kommt die Kacki-Tüte zum Einsatz. Und Sie fragen ob ich glücklich bin?

Ich bin glücklich, denn wie oft höre ich aus dem Munde Inges und von Hubertus – Luca, ich liebe dich, und das ist auch gut so.

 

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