Kulturmanager, Literat & Satiriker


30. März 2025

Gedanken zum 5. Todestag von Krzysztof Penderecki

Ich habe Jahrzehnte damit verbracht, neue Klänge zu suchen und zu finden. Gleichzeitig habe ich mit Formen, Stilen und Harmonien der Vergangenheit auseinandergesetzt. Beiden Prinzipien in ich treu geblieben. Mein derzeitiges Schaffen ist eine Synthese.

Am 29. März 2025 jährte sich zum fünften Male, der Jahrestag des Todes von Krzysztof Penderecki, dem Schöpfer des „Polnischen Requiems“, der mit der Uraufführung der „Lukas Passion“ im Paulus Dom zu Münster in Westfalen am 30. März 1966 Musikgeschichte schrieb, den ich als Intendant der Münchner Philharmoniker im Jahre 1981 kennenlernte, um ihn zu bitten, eine Symphony für die Eröffnung des Konzertsaales am Gasteig zu komponieren. Es war die III. Symphony, deren Kompositionsgeschichte von 1988 bis 1995 dauerte, und die ich am 8. Dezember 1995 als Leiter der Hauptabteilung Klangkörper des Mitteldeutschen Rundfunks in München erlebte, nachdem ich den zweiten und vierten Satz, Passacaglia und Rondo, am 20. August 1988 mit dem Lucern Festival Orchestra unter Leitung Pendereckis als Manager des NDR-Sinfonieorchesters Hamburg in Lucern erleben durfte. Und ich war derjenige, der Krzysztof Penderecki dazu bewegen konnte, Principal Guest Conductor des NDR-Sinfonieorchesters zu werden. Und ich war auch derjenige, der ihn bat ein Werk für das MDR-Sinfonieorchester Leipzig zu komponieren. Und er schlug mir ein Violinkonzert vor, das von Anne Sophie Mutter unter der Leitung von Mariss Jansons im Eröffnungskonzert des MDR-Musiksommers am 24. Juni 1995 im Gewandhaus zu Leipzig uraufgeführt wurde, sein 2. Violinkonzert, gewidmet Anne Sophie, mit dem Titel Metamorphosen.

Der MDR-Musiksommer, von mir 1992 gegründet, war, bis zu meinem altersbedingten Ausscheiden, eines der bedeutendsten Klassik-Festivals in Europa, in welchem die Wiener Philharmoniker ebenso auftraten, wie das Orchestra della Scala di Milano, das Concertgebouw Orchestra Amsterdam, die Staatskapellen von Berlin und Dresden, das Mariinsky-Orchester aus Sankt Petersburg unter Valerie Gergijew,das Gewandhausorchester Leipzig, und die Klangkörper des MDR, in dessen Rahmen die großen Chor – und Orchesterwerke Pendereckis aufgeführt würden, wie zum Beispiel Utrenja I, und Utrenja II, die Grablegung und Auferstehung Jesu Christi..

Wie oft ich die Werke Pendereckis in München, Hamburg und Leipzig, in Buenos Aires, London, Madrid und Tokyo, in Hamburg, Kiel, Lübeck und Lüneburg im Rahmen des Schleswig-Holstein-Festivals, in Dresdens Kreuzkirche und Semperoper aufgeführt habe, vor allem seine großen Chorwerke, darunter seine Kompositionen Stabat Mater und sein Te Deum in zwei Konzerten für seinen Landsmann Johannes Paul II. im Vatikan, 1993 und 1998, mit dem MDR-Sinfonieorchester und dem MDR-Chor, einem der besten Profi-Chöre der Welt, mit damals 75 Planstellen mit dem ich in der glücklichen Lage war, alle Chor-Werke Pendereckis aufzuführen, entzieht sich meiner Kenntnis. Der MDR-Chor war auch an der Uraufführung seines Werkes Seven Gates of Jerusalem anlässlich der 3000 Jahrfeier Jerusalems im Januar 1997 in der hochgebauten Stadt Davids beteiligt. Dirigent der Uraufführung war kein Geringer als Lorin Maazel, der viele Werke Pendereckis immer wieder dirigierte. Und in der Ära Herbert von Karajans war Krzysztof Penderecki alljährlicher Gastdirigent der Berliner Philharmoniker, nicht nur eigener Werke. Und zu den großen Interpreten seiner Kompositionen gehörte nicht zuletzt Mstislav Rostropowitsch.

Und ich erlebte die einzigartigen Erfolge seiner Werke beim Publikum, weltweit, und darum kann ich nicht nachvollziehen, dass nach seinem Tode seine Werke in den Konzerten der führenden Orchester außerhalb Polens nicht mehr aufgeführt, nicht mehr erlebbar werden.

Seit 2017 lebe ich, nach meiner Zeit in Leipzig, wieder in Hamburg und habe nicht ein einziges Mal ein Werk Pendereckis in der Elbphilharmonie hören können, weder durch das heutige NDR-Elbphilharmonie-Orchester, mit dem ich Pendereckis Werke in Japan, Argentinien, Brasilien und Europa aufführte, noch mit dem Staatsorchester Hamburg.

Doch es gibt eine Internationale Penderecki Society mit Sitz in Mainz, die sich die Aufgabegestellt, das Werk Pendereckis zu fördern, über den der Präsident der Republik Polen bei der Staats-Trauerfeier, Andrzej Duda, sagte: „In seinen Werken konnte man alles hören, was unsere Nation erlebt hat, auch Schmerz und Leid.“

Doch wie kann man die Mauer der Ignoranz gegenüber der Musik Pendereckis durch die heutigen Intendanten der großen Festivals, der Opern – und Konzerthäuser niederreißen, um die zeitlos große Musik Krzysztof Penderecki wieder zu hören, das ist die alles entscheidende Frage? Denn nicht wenige der heutigen Entscheider im Musikleben sind misstrauisch, wenn das Publikum Musik unserer Zeit enthusiastisch bejaht und bejubelt. Die tiefgründige Musik Dmitri Schostakowitsch können die Musikmanager, indoktriniert durch die Ideologen von Donaueschingen nicht mehr mit ihrem Bannfluch belegen, doch über Penderecki lästerten sie, dass er die Avantgarde verraten habe. Wie sagte doch einer meiner Nachnachfolger in Hamburg, der wievielte es war, ist mir nicht bekannt, als ich ihm die Frage stellte, warum er nicht anlässlich des 80. Geburtstages Pendereckis eines seiner berühmten Werke aufführen lasse. Und der Möglichmacher antwortete, wir machen doch was, und fand zu den Worten, begleitet von einem nachsichtigen Lächeln – was Kleines. Aber auch das Kleine ist bei Penderecki groß.

Die Musik bringt man in die Konzertsäle und Opernhäuser zurück, indem man bedeutende Dirigenten für die Werke Pendereckis gewinnt, einen Maestro wie Fabio Luisi, Chefdirigent des Danish National Symphony Orchestra, des Dallas Symphony Orchestra und des NHK-Symphony Orchestra Tokyo, Chefdirigent des MDR-Sinfonieorchesters von 1999 bis 2007, zuvor, von 1996 bis 1999 einer der drei Hauptdirigenten, mit Marcello Viotti und Manfred Honeck, der die dritte Symphony Pendereckis im Leipziger Gewandhaus aufführte, und einen Sensationserfolg verzeichnete.

Wer setzte sich nach dem Ende Hitlers für Gustav Mahler ein, dessen Werke in Großdeutschland nicht aufgeführt werden durften, auch nicht in Wien und Salzburg, denn Österreich war Teil von Hitlers Nachtreich. Es war Bruno Walter, einer der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhundert, am 15. September 1876 als Bruno Walter Schlesinger in Berlin geboren, der von Gustav Mahler, dem Direktor der Kaiserliche Hofoper, im Jahre 1901 als Kapellmeister berufen wurde, der nach Mahlers Tod 1911 in München Das Lied von der Erde und in Wien im Jahre 1912 dessen IX. Symphony uraufführte. Von 1913 bis 1922 war Bruno Walter Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper in München, ab 1923 dirigierte er in den USA, wurde 1924 Generalmusikdirektor der Städtischen Oper Berlin-Charlottenburg, und Dirigent der Salzburger Festspiele, von 1929 bis 1933 war Bruno Walter in der Nachfolge Wilhelm Furtwänglers, Gewandhauskapellmeister in Leipzig, der im Jahr der Machtübernahme in Hitlers SS-Staat nicht mehr auftreten durfte, die Nazis vertrieben ihn aus der Stadt Johann Sebastian Bachs, sie vertrieben ihn aus Deutschland.

Und Bruno Walter emigrierte nach Österreich, dirigierte an der Staatsoper, war ständiger Gast der Wiener Philharmoniker und bis zum Anschluss Österreichs Dirigent der Salzburger Festspiele, und kehrte nach dem Ende Hitlers nach Deutschland und Österreich zurück, und man hörte unter seiner Leitung die Werke Gustav Mahlers, die heute zum ständigen Repertoire der Dirigenten gehören, und rund um den Globus tausende Male aufgeführt werden. Nur ein Dirigent von Weltrang lehnte es ab, die Symphonien Gustav Mahlers zu dirigieren – Sergiu Celibidache, mit dem ich, Hubertus Franzen, von 1981 bis 1986, als Intendant und Verwaltungsdirektor der Münchner Philharmoniker zusammenarbeitete, der Gustav Mahlers Symphonien nicht aufführte, denn Mahler war für ihn die peinlichste Figur der Musikgeschichte.

Mariss Jansons war der Dirigent der die Werke Dmitri Schostakowitsch zu grandiosen Erlebnissen werden ließ, und welcher Dirigent und welche Dirigentin hat nicht heute in ihrem Repertoire dessen Symphonien. Auch Krzysztof Penderecki dirigierte Werke Dmitri Schostakowitschs, mit dem er befreundet war.

Aber hat das Ignorieren Pendereckis durch die heute an den Hebeln der Macht sitzenden Music-Manager etwas damit zu tun, dass es nicht ehrenvoll ist dem Publikum Werke Pendereckis zu Gehör zu bringen, die dem Publikum gefallen, wie Karl Heinz Stuckenschmidt, der Priester der Avantgarde einst verkündete? Ehrenvoll wäre es vielmehr, im Kreise anspruchsvoller Kenner geschätzt zu werden.

Penderecki war einer der erfolgreichsten Komponisten der Avantgarde, von Heinrich Strobel, dem Papst der „Neuen Musik“, wie Karlheinz Stockhausen, Pierre Boulez und Luigi Nono gefördert. Strobel wurde nach dem Kriege Leiter der Hauptabteilung Musik des Südwestfunks und bestimmte, wer in Donaueschingen aufgeführt wurde und wer nicht. Niemand hatte größere Erfolge als Penderecki, bis er einsah, dass der Weg, der in Donaueschingen verkündet wurde, ein Irrweg war, denn auch diese Worte hinterließ Penderecki der Nachwelt: Mein Erfolg ist darin begründet, dass ich Musik von überzeugender Qualität schreibe und nicht bloß herumexperimentiere. Und er sagte auch: Ich kann alles schreiben, was ich will – jeden Stil, jede Mode. Ich beherrsche – vom handwerklichen, vom Technischen her – die gesamt abendländische Palette, alle Stile.

Wer die drei Stücke im alten Stil aus dem Jahre 1963 hört, denkt, dass auch Johann Sebastian Bach ihr Urheber sein könne.

Krzysztof Penderecki war ein politischer Komponist, wie seiner Werke beweisen, und seine Musik war immer auch ein Kampf für die Freiheit Polens, der nach seinem Tode in einer Pressemitteilung der Akademie der schönen Künste von Berlin, als der „wichtigste polnische Komponist und Dirigent des 20. Jahrhunderts und einer der engagiertesten Humanisten des internationalen Musiklebens“ bezeichnet wurde.

In Luslawice, wo sich Penderecki ein Paradies um ein altes Herrenhaus schuf, und eine mir unbekannte Anzahl von Baumarten anpflanzen ließ, er sprach von mehr als 2000 oder 2500 Baumarten, und ich erinnere mich, dass ich ihn in Madrid in den Botanischen Garten begleitete, und sein fundamentales Wissen über Blumen, Pflanzen und Bäume erleben durfte – wurde am 28. August 2006 der Grundstein für das Krzysztof Penderecki European Centre for Music gelegt, das mit EU-Geldern finanziert wurde und zu den herausragenden architektonischen Meisterwerken unserer Zeit in Polen gehört, wo Pendereckis Werke von allen Orchestern und Opern aufgeführt werden, die auch eigentlich in Deutschland allüberall aufgeführt werden müssten, in Hamburgs Elbphilharmonie, wie in Berlin, Dresden, Leipzig, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München, Düsseldorf, Essen und Dortmund, in Salzburg, Wien, Mailand und Rom, in Paris und London, doch das war und ist nicht mehr, und das muss sich ändern.

Leipzig wurde zur Johann Sebastian Bach-Stadt und die Bach-Festivals der Stadt Leipzig ziehen alljährlich die Bachfreunde aus aller Welt an. Salzburg wurde zur Mozart-Stadt und Krakau, eine der schönsten Städte Europas, könnte, nein müsste zur Penderecki-Festivalstadt werden, gemeinsam mit Luslawice.

Es wäre wunderbar, wenn Aleksander Miszaslki, der Stadtpräsidenten von Krakau, geboren am 7. August 1980 in der Stadt, in welcher von 1963 bis 1978 Karol Kardinal Wojtyla als Erzbischof wirkte, der am 16. Oktober 1978 zum Papst gewählt wurde – ein Penderecki-Musik-Festival gründen würde, dass alljährlich Musikfreunde aus aller Welt in die wunderschöne Stadt an der Weichsel führe. Aleksander Miszalski, könnte aus Krakau ein polnisches Salzburg machen, in welchem, wie in Salzburg Mozart, in Krakau Pendereckis Werke einen Schwerpunkt des Programms bildeten, aufgeführt durch Klangkörper aus Polen und Spitzenorchestern aus aller Welt.

Der 16. Oktober 1978 war der Tag, an dem sich Penderecki spontan an einen Tisch setzte – er komponierte überall, auch auf einem Nachtflug nach Rio de Janeiro im Jahre 1989, und zwar beidhändig konnte er seine Klangvisionen zu Papier bringen, wie ich verblüfft feststellte – und sein „Te Deum“ für den zum Papst gewählten Landsmann Karol Wojtyla komponierte, der das Werk am 16. Oktober 1998 zum ersten Male hörte, als der Chor und das Symphony-Orchester des Mitteldeutschen Rundfunks Leipzig, das von mir organisierte Konzert, als Leiter der Hauptabteilung Klangkörper, aus Anlass des 20. Jahrestages der Wahl Kardinal Wojtylas zum Pontifex der Ecclesiae romanae, in der Sala Nervi vor 6.000 geladenen Gästen unter Leitung Krzystof Pendereckis aufgeführt wurde. Die Basspartie sang Boris Carmeli, der die Hölle von Auschwitz und den Todesmarsch von Auschwitz nach Bergen-Belsen in der Lüneburger Heide überlebte, geboren am 26. April 1928 als Norbert Wolfinger in Obertyn in Galizien und über Paris und Rom nach Israel auswanderte, und in der Mailänder Scala auftrat.

In meinen zwölf Candide Voltaire Romanen, gründet der Held meiner Phantasien, Voltaire der Jüngere, geboren am 12. September 1980 in Münster in Westfalen – er ist ein weltberühmter Publizist politisch satirischer, wie philosophischer Romane, Professor der Sorbonne de Paris für Philosophie und Political Science, er hat Lehrstühle in Harvard und Oxford, ist Erbe einer Milliarden-Imperiums, bestehend aus Immobilien, Beteiligungen an führenden Banken und Industrieunternehmen, und ein Mäzen der bell’Arti, in Paris und Münster in Westfalen lebend, der in Münster in Westfalen ein Symphony-Orchester gründet, dass er alleine finanziert, wie er auch in seiner Geburtsstadt ein Center für Arts & Musik, mit zwei Konzertsälen bauen lässt, und er nennt das Orchester, bestehend aus 160 Musikern – Penderecki-Festival-Orchester, dass nicht nur in Münster auftritt, sondern eigene Konzertzyklen in der Elbphilharmonie Hamburg, in Berlin und Paris hat, und das auch, ab dem siebten Roman, von Krzysztof Penderecki bis zu seinem Tod dirigiert wird. Auch veranstaltet Voltaire alljährlich in Münster ein „Penderecki-Musik-Festival.“

In Münster in Westfalen begann mit der Uraufführung seiner „Passio et mors Domini nostri Jesu Chisti secundum Lucam“ am 30. März 1966 im Paulus Dom, der Weltruhm Krzysztof Pendereckis, und im Jahre 2006, vierzig Jahre nach der Uraufführung der Lukas-Passion, die als Schlüsselwerk der Moderne tituliert wurde, ein Werk von der Größe und Tiefe der „Matthäus-Passion“ Johann Sebastian Bachs, verlieh ihm die Philosophische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität die Ehrendoktorwürde.

Die Musik Krzysztof Pendereckis, dieses großen Humanisten und Komponisten, wird, über sein Vaterland Polen hinaus, eine Renaissance erleben, wie die Musik Johann Sebastian Bachs durch Felix Mendelssohn-Bartholdy.



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