Kulturmanager, Literat & Satiriker


11. März 2022

Der Despot und der Patriarch
1. Kapitel des Romans

Wladimir Wladimirowitsch Putin blickte auf den Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus. Heute war der 11. März des Jahres 2022, und noch immer hatte sich die Ukraine nicht ergeben, noch immer hatte die Heilige Jungfrau von Sergijew Possad, den Truppen svyatoy Rusi, des heiligen Russlands, nicht den Sieg über die Ukraine und ihre Menschen geschenkt, die sich im Jahre 1990, nach dem Zerfall der Sowjetunion, in einer Volksabstimmung von Russland getrennt hatten – mehr als 90 Prozent hatten für die Trennung gestimmt. Und was sagte der Patriarch, was sagte Kyrill I., der ihn, Wladimir Putin, v podarok ot Boga, als Geschenk Gottes bezeichnet hatte? Was sagte er, heute am 11. März, am 19. Tag des Beginns der Befreiung der Menschen der Ukraine aus der Despotie des Wolodymyr Selenskyj, des Komikers, der sich die Präsidentschaft über die Ukraine anmaßte, und dieses Vitali Klitschko, des Boxers und Bürgermeisters von Kiew, der Stadt, die mit 3 Millionen Einwohnern, nach Moskau und Sankt Petersburg, die drittgrößte Stadt auf der svyataya zemlya, der heiligen Erde Russlands war? Was tat Gott, um ihm, dem Despoten, dem Alleinherrscher über Russland, auch die Despotie über die Ukraine zu übertragen, damit auch dort, wie auf Russlands heiliger Erde – svoboda, ravenstvo i bratstvo, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit eintraten und zum vechnomu printsipu, zum ewigen Prinzip erhoben wurden? Und hatte der Patriarch, dem er bereits 22 Uhren zum Geschenk gemacht, Uhren aus Sachsen, die schönsten und teuersten Uhren, die auf dieser Welt hergestellt wurden, Uhren von Lange&Söhne, Uhren aus der Manufaktur Glashütte, der gleichnamigen Stadt, einer kleinen Stadt im Erzgebirge, eine poslaniye Boga, eine Botschaft Gottes empfangen oder noch nicht?

„Ich bin untröstlich, aber ich habe net poslaniya ot Boga, heute noch keine Botschaft von Gott empfangen, moy syn, mein Sohn, Tsar‘ Wladimir Bol‘shoy.“

„Wie ist das möglich, kak eto vozmozhno, moy patriarkh? Ich habe die großartigsten Kirchen und Kathedralen zum Lobe Bogas erbauen lassen, nachdem ich durch Gottes Fügung zum Präsidenten Russland gewählt wurde. Ich erwähne nur die Christ-Erlöser-Kathedrale, die größte Kirche der Russischen-Orthodoxie, die von Josef Stalin gesprengt, und die in fünfjähriger Bauzeit zum Lobe des Erlösers wieder im Original aufgebaut wurde.“

Der Patriarch lächelte abgründig, denn nicht Putin, der Erlöser der Menschen Russlands von der Demokratie, der nicht von Gott gewollten, hatte die Kathedrale wieder errichtet, sondern sie wurde durch den Oberbürgermeister von Moskau, Juri Luschkow, unter dem Patronat des ersten Präsidenten der Russischen Föderation, Boris Jelzin, zum Lobe des Iskupitelya, des Erlösers und des Siegers über den Tod, des pobeditel‘ smerti, wieder errichtet. Aber Putin, der große Sohn Russland, hatte die Kirche der Russischen-Streitkräfte errichten lassen, die viertgrößte Kirche der Russisch-Orthodoxen Welt, die aus Anlass des 75. Jahrestags des Sieges über Hitler-Deutschland erbaut wurde, und die Ikonostase hatte Putin, der Despot über die Völker Russlands gespendet. Und Boga, Gott, würde den Streitkräften, den vooruzhennyye sily, den Sieg, den pobeda, über die Ukraine schenken. Aber Putin musste stark bleiben, durfte nicht im Erlösungswerk an den Menschen der Ukraine erlahmen, die bald wieder zu Russland gehören mussten. Und mit Putin dem Großen, würde er, der Patriarch von Moskau und der ganzen Rus, das Reich Gottes auf Erden verwirklichen, und dazu gehörten alle Länder, die nach dem großen vaterländischer Krieg über Nazi-Deutschland unter Väterchen Stalin zur Sowjetunion gehörten, also auch Polen, und die DDR, denn alle Menschen konnten nur der Anschauung Gottes teilhaftig werden, die ihn, Kyrill, den Patriarchen von Moskau, als predstavitel‘ Boga, als Stellvertreter Gottes anerkannten. Außerhalb der Kirche Russlands durfte und konnte es kein Heil geben, und Putin war sein Werkzeug, yego instrument, mit dem er den Menschen der Ukraine das Leben und das Heil in Gott zurückbrachte, denn sie sehnten sich als Brudervolk der Russen nach der Wiedervereinigung mit Russland unter dem Zeichen des Kreuzes, dem znak kresta.

„Svyatoy otes, Heiliger Vater, wir haben schon mehr als 9.000 Opfer unter unseren Soldaten, nashi soldaty, zu beklagen. Ich hatte mir den Sieg mit Hilfe Gottes, der pomoshch‘ Bozh‘ya in kürzerer Zeit vorgestellt, zum Beispiel in drei Tagen, und je länger der Krieg dauert, umso mehr muss ich die Folgen fürchten.“

Kyrill, der Gottesmann, der bog chelovek, strich sich durch den Patriarchen-Bart. An welche Folgen dachte Putin der mstitel‘ boga, der Rächer Gottes?

„Ich bekam eine Mail, auf der stand, bedenke das Ende – mit freundlichen Grüßen, s nailuchshimi pozhelaniyami, Julius Caesar.“

„Die mail könnte Joe Biden geschrieben haben, der sich einen Scherz erlaubt hat, oder Boris Johnson, auch Olaf Scholz, den Nachfolger Merkels, halte ich eines solch üblen Scherzes für fähig, moy syn Wladimir.“

„Und heute ist der 11. März und am 21. Februar habe ich den Kampf um die Befreiung der Ukraine begonnen, Vashe Svyateyshestvo, und die Iden, das ist der 15.Tag des Monats März. Wer könnte mich töten, Patriarch Kyrill?“

„Wir sind alle in der Hand Gottes, der kto sotvoril nebo i zemlyu, Himmel und Erde erschaffen hat, moy syn, mein Sohn. Und denke daran, die Soldaten, die für die Freiheit der Frauen, Männer und Kinder der Ukraine gestorben sind, sind nicht umsonst gestorben, oni vidyat Boga vo vsey yego slave. Sie sehen Gott in seiner ganzen Herrlichkeit.“

Ernst schaute Putin, der in allen Nächten seit dem 21. Februar von koshmary, Albträumen, heimgesucht wurde, auf seinen Berater, den Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus.

„Habe ich Ihnen schon gesagt, svyatoy otets, Heiliger Vater, dass ich eine Mail von Papst Franziskus erhalten habe?“

„Ot antikhrista?“

„Von dem Antichristen, Franziskus, Papa Rimskiy, dem Papst von Rom, moy otets, mein Vater.“

„I chto ty otvetil?“

„Er schreibt, dass ich meinen Kampf einstellen soll, auch Joe Biden, Emmanuel Macron, Olaf Scholz und alle Oligarchen Russland haben mir geschrieben, und mich gebeten, doch den Kampf für die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer einzustellen.“

„Oligarkhi tozhe, moy syn Wladimir?“

„Da, moy otets, mein Vater. Sie schreiben, dass Sie kein Geld mehr abheben können. Ihre Konten sind alle gesperrt, selbst in der Schweiz, überall, nur nicht in China, wo aber die wenigsten ein Konto haben. Auch die Banken von Singapur und Taiwan beteiligen sich an den Sanktionen Bidens gegen das russische Volk.“

„Gott, wird alle unsere Gegner zerschmettern, moy syn. Ich habe mit Gott Zwiesprache gehalten, und Gott ist größer als alle unsere Gegner. Aber welche Oligarchen haben den Brief an dich, moy syn, unterschrieben?“

„Der Brief trägt keine Unterschrift. Der Brief endet mit den slova, den Worten, aus Sorge um den Frieden und die Einheit Russlands, die Oligarchen Russlands. Wussten Sie, moy otets, dass 26 Senatoren an den Iden des März auf Julius Caesar einstachen, unter ihnen sein Freund Brutus? Und wie hoch ist die Zahl der Oligarchen Russlands, wissen Sie es moy otets?“

„Ich kenne die Zahl moy syn, denn ich denke der Taynaya sluzhba Bozhestvennogo Promysla, der Geheimdienst der göttlichen Vorsehung der heiligen Kirche Russlands ist so effizient, wie der Ihre, moy syn.“

„Das denke ich auch, moy otets, aber ich habe eine Sitzung mit meinem Verteidigungsminister und den Generälen die für den popeda, den Sieg in der Ukraine kämpfen, darf ich das Gespräch mit Ihnen beenden? Übrigens, der Papst würde sich gerne mit Ihnen treffen, Patriarch Kyrill?“

„Lässt sich das nicht vermeiden ,moy syn? Ich traf Franziskus am 12. Februar 2016 auf dem Airport in Havanna, es war die erste Begegnung eines Patriarchen von Moskau mit einem römischen Papst.“

„Er schlägt Konstantinopel vor, und schreibt, dass Bartholomäus I., der Patriarch von Konstantinopel, einladen werde und der Metropolit von Kiew, Epiphanius teilnehmen solle.“

„Es gibt nur einen Metropoliten von Kiew, moy syn Wladimir, Onufrij, der dem Patriarchat von Moskau untersteht.“

„Aber können Sie sich ein Treffen mit Franziskus und Bartholomäus vorstellen, moy otets?“

„Ya budu govorit’s Bogom. Ich werde mit Gott sprechen, Tsar Wladimir.“



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