Kulturmanager, Literat & Satiriker


Mea culpa, mea maxima culpa

07. Juni 2021

Jesus, der gute Hirte, sagte zu seinen Jüngern, folgen wir dem Bericht des Evangelisten Matthäus: Wahrlich ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehret und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf. Wer aber einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde.

Und Jesus, der auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325 zum Gott, zum Sohne Gottes, eines Wesens mit dem Vater erhoben wurde, soll auch noch diese Worte gesagt haben: Wehe der Welt der Ärgernisse halber. Es muss ja Ärgernis kommen; doch wehe dem Menschen, durch welchen Ärgernis kommt.

Eigentlich müssten die Prediger des Christengottes, die den Kleinen Ärgernis gaben, geben und geben werden, sich ja vor der Hölle und der ewigen Verdammnis fürchten, wenn sie denn an diese glauben würden, denn wie schrieb der Augustinus unserer Zeit, Joseph Aloisius Kardinal Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation, im Auftrage Johannes Paul II., nachzulesen im Katechismus des Jahres 1992, dem Jahre, in welchem Galileo Galilei von der Kirche rehabilitiert wurde: Die Lehre der Kirche sagt, dass es eine Hölle gibt und dass sie ewig dauert. Die Seelen derer, die im Stand der Todsünde sterben, kommen sogleich nach dem Tod in die Unterwelt, wo sie die Qualen der Hölle erleiden, das ewige Feuer. Die schlimmste Pein der Hölle besteht in der ewigen Trennung von Gott, in dem allein der Mensch das Leben und das Glück finden kann, für die er erschaffen worden ist und nach denen er sich sehnt.

Und in dem heiligen Buch der Kirche von Rom stehen auch noch diese Worte: Die hochheilige Römische Kirche glaubt fest und behauptet fest, dass am Tage des Gerichtes alle Menschen mit ihren Leibern vor dem Richterstuhl Christi erscheinen werden, um über ihre Taten Rechenschaft abzulegen.

Mehr als 1500 Jahre wurden wir Europäer von der Wiege bis zum Grabe von diesem Glauben geprägt, Generationen um Generationen, Herrscher und Beherrschte, Priester und Laien, Lehrer und Schüler. Das Christentum bestimmte alles, beeinflusste das private und öffentliche Leben, die Liebe die Ehe, die Sexualität, die Wirtschaft, Kultur, das Recht und die Politik. Die Päpste erhoben sich über die Kaiser und Könige des Abendlandes und beriefen sich auf einen Mann, der gesagt haben soll – brechet den Tempel ab, und in drei Tagen, will ich ihn wieder aufrichten; denn der Vater richtet niemand, sondern alles Gericht hat er dem Sohn gegeben. Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am jüngsten Tage auferwecken. Ehe denn Abraham war, bin ich. Ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt. Ich und der Vater sind eins.

Der Glaube an diesen Mann und seine römische Kirche verflüchtigt sich nicht erst seit heute. Er verflüchtigt sich seit der Renaissance. Es entstanden ihm mächtige Gegner unter den Philosophen der Neuzeit. Emanuel Kant empfahl den Europäern sich ihres Verstandes zu bedienen, für Goethe war der Glaube Hokuspokus und für Friedrich Nietzsche, den Sohn eines evangelischen Pfarrers aus Röcken in der Leipziger Tieflandbucht, war das Christentum die denkbar größte aller Korruptionen.

Und die katholische Kirche taumelt seit Jahren von einer Glaubwürdigkeitskrise in die nächste, von einem Sexualskandal zum nächsten Finanzskandal. Aber war das nicht durch alle Zeiten so? Strebten nicht die römischen Päpste nach der Weltherrschaft im Namen ihres geglaubten Gottes.

Du bist Petrus der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen. Soll Jesus aus Nazareth zu Petrus gesagt haben. Und diese Kirche ist bis heute eine Macht, die sich über dem Staat stehend wähnt, und sich ihre eigene Gerichtsbarkeit anmaßt. Selbst die Sklaverei fand diese Kirche als von Gott gewollt, und berief sich dabei auf den Apostel Paulus und dessen Brief an die Römer, in welchem steht: Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Ordnung. Und diese Ordnung besagt, so steht es im Grundgesetz, Artikel 1 des Staates der Vatikanstadt, dem Legge fondamentale dello Stato delle Città del Vaticano, das die Gewalten der Legislative, Exekutive und Judikative in der Person des Papstes als Souverän des Vatikanstaates vereint sind.

Fundamentaler lässt sich Gewalt nicht in Worte fassen und seit dem 1. Vatikanischen Konzil von 1869/70 kommt die Unfehlbarkeit der Päpste in Glaubensfragen noch hinzu. Und so konnte Pius XII. am 1. November 1950 durch die Kraft seiner Unfehlbarkeit der staunenden Welt verkünden, dass die Mutter Christi, die Mutter des Redentore, des Erlösers, die allzeit reine Jungfrau Maria, mit Leib und Seele durch ihren Sohn, in dessen Himmel aufgenommen wurde.

Jahrhunderte waren die Menschen Europas in den Netzen dieser Religion gefangen. Ein Austritt aus dieser Gemeinschaft der Gläubigen war nicht möglich, und auch dem Kirchenzehnt konnte sich niemand entziehen, der mit den unglaublichsten Methoden eingetrieben wurde, wobei man vor der Folter im Namen Gottes nicht zurückschreckte. Doch heute treten die Zwangsmitglieder zu hunderttausenden aus dieser Kirche aus, weil der Glaube nicht mehr erzwungen werden kann. Die Katholiken verlassen das sinkende Schiff, und auch die Kirchen der Reformation blicken besorgt in die Zukunft, obwohl sie den Frauen gestatten als „Seelsorgerinnen“ zu arbeiten.

Die Kirche ist am toten Punkt, hat Reinhard Kardinal Marx, der Erzbischof von München und Freising, die Welt wissen lassen, und dem Jesuiten aus Buenos Aires, der Stadt der guten Winde, Papst Franziskus, seinen Rücktritt angeboten, und aus dem tausendfachen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Jungen wie Mädchen, durch Bischöfe, Pastoren und Kapläne, persönliche Verantwortung übernommen.

Die katholische Kirche wird als die größte transnationale Schwulenorganisation bezeichnet, und im Jahre 1986 schrieb der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, an alle Bischöfe der Römischen Kirche: Es sei noch keine Sünde homosexuell zu sein, jedoch sei es in jedem Falle Sünde homosexuelle Handlungen zu begehen, da diese der Natur und dem Ziel der menschlichen Sexualität widersprächen.

Menschen, die der Kirche in Treue verbunden sind, fordern das Ende des Pflichtzölibats und die Ordination der Frauen, aber ob dadurch die Erosionsprozesse der Kirche gestoppt werden können, ist mehr als fraglich, auch wenn der Text des Kirchenliedes aus dem Kölner Gesangbuch etwas anderes suggeriert, denn der lautet: Ein Haus voll Glorie schauet, weit über alle Land, aus ewigem Stein gebauet von Gottes Meisterhand, Gott wir loben dich, Herr wie preisen dich, oh lass im Hause dein, uns all geborgen sein.

In seiner Enzyklika Quanta cura aus dem Jahre 1864, verdammte Pius IX., der die Gegner seines Terrorregimes auf dem Ponte Sant´Angelo durch seinen Henker, der Mann hieß Giovanni Battista Bugatti, köpfen, keulen oder vierteilen ließ, es kam auf die Schwere des Verbrechens an, zum Beispiel Leugnung der Jungfräulichkeit Mariens, Verhöhnung des Papstes etcetera – Papst Franziskus würde vermutlich von lässlichen Sünden sprechen – die Religionsfreiheit, die Trennung von Kirche Staat, und selbst der Freiheit des Gewissens sagte er den Kampf an, die schon sein Vorgänger Gregor XVI., wie sein Nachfolger, Leo XIII. bekämpfte, der als Nuntius in Belgien mit einer Dame von Adel unter Beweis stellte, dass auch er das Wort Potenz mehr als nur buchstabieren konnte.

Aber die Zahl der Atheisten, Humanisten, Deisten und Agnostiker steigt. In manchen Ländern der Bundesrepublik Deutschland liegt die Zahl der Gott – und Konfessionslosen in Prozentzahlen bereits höher als die der Konfessionellen, und die Zahl der gottlosen Römer ist höher als die der Gläubigen die am Tiber wohnen – wen wundert´s.

Und die Bischöfe Deutschlands sprechen mea culpa, mea maxima culpa, und ringen sich Schuldbekenntnisse von der Seele. Der Erzbischof von München und Freising will auf sein hochdotiertes Amt verzichten, doch seine hochdotierte Rente zahlt nicht die Kirche, sondern auch der deutsche Staat, sprich der deutsche Steuerbürger, also auch diejenigen, die Atheisten sind, und der Erzbischof von Köln, Reiner Maria Woelki, belehrt seine Erzdiözesanen, dass die Kirche mehr auf ihren Ruf bedacht war, als die Betroffenen priesterlicher Verfehlungen zu hören, und erkennt plötzlich in seiner Kirche den Verrat am Evangelium. Aber dieser Verrat begann bereits im 4. Jahrhundert, als die Jesus-Sekte zur alleinigen Staatsreligion emporstieg, und die Göttinnen und Götter Griechenlands und Roms durch den Gott des Alten-Testaments und seinen vor aller Zeit geborenen Sohn, gezeugt durch den Heiligsten Geist aus der Jungfrau Maria, um Mensch zu werden, nochmals geboren werden musste, um durch seinen Tod am Kreuze die Menschen mit seinem Vater zu versöhnen. Ein absurderer Gottesbegriff wurde nie erfunden. Und so darf man gespannt sein, ob und wie sich diese Kirche aus dem Geist des Evangeliums erneuert, die von einem Manne gegründet wurde, der selbst keine schriftlichen Zeugnisse seiner Botschaft hinterließ, vermutlich, weil er weder lesen noch schreiben konnte, wie auch nicht der Gründer des Islam, Mohammed, dem der Erzengel Gabriel, der Schutzpatron der Deutschen Post, der Philatelie, des Fernmeldewesens, der Postzusteller, der Diplomaten, Müllmänner und Radiosprecher, den Koran diktierte, und zwar in Mekka und Medina. Es ist der gleiche Erzengel, der im Evangelium des Evangelisten Lukas der Jungfrau Maria aus Nazareth die frohe Botschaft brachte, dass der Heilige Geist sie schwängern werde. Wunderbar ist diese Szene von Leonardo da Vinci in seinem Bild Verkündigung inszeniert worden, welches man in den Uffizien in Florenz, der Wiege der Renaissance, betrachten kann.

Und so darf man gespannt sein, ob Papst Franziskus, den Rücktritt des Erzbischofs von München und Freising annimmt oder ihm, bedingt durch seine Infallibilität nicht gestattet, seine Herde zu verlassen, während der Kollege aus dem Heiligen Köln, der Stadt der Narren und des Karnevals, nicht an Rücktritt zu denken scheint, auch sagte Stephan Oster, der Bischof von Passau, der am 4. Juni Papst Franziskus im Vatikan sprechen durfte, das der Pontifex nicht verzweifelt über Deutschlands katholische Kirche wäre. Und wenn der unfehlbare Papst nicht verzweifelt ist, warum sollen es dann die Nachfolger der Apostel, die Bischöfe sein?

Die Synode von Rom beginnt am 9. Oktober 2021 und soll zwei Jahre dauern. Man darf gespannt sein, ob die Synode zu dem Ergebnis kommt, dass auch Frauen Menschen sind und eine Seele haben, und daher auch als Priesterinnen amtieren sollten, und das auch verheiratete Männer als Priester Gott willkommen sind.



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