Kulturmanager, Literat & Satiriker


25. April 2023

Vor dreihundert Jahren,

am 22. April des Jahres 1723, wurde in der Messe- und Universitätsstadt Leipzig, der Stadt an Weißer Elster und Pleiße, ein Mann zum Thomaskantor berufen, der sie zum Mekka der Kirchenmusik von nun an bis in eine ferne Zukunft machen sollte, nach dem christlichen Glauben bis zu dem Tag, an welchem alle Menschen vor den Richterstuhl Gottes treten müssen, die Lebenden, wie die Toten – Johann Sebastian Bach.

Johann Sebastian Bach hatte sich um die Stelle des Thomaskantors beworben, damals wie heute eines der Ämter mit einem Maximum an Bedeutung und Prestige in der Kirche Martin Luthers und weit darüberhinaus, dem Autoren des Liedes Eine feste Burg ist unser Gott, der im Jahre 1519 in dieser Stadt, der ältesten Messestadt des Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, den Bruch mit seiner Kirche, der Kirche von Rom vollzog, denn er hatte in der Leipziger Disputation, veranstaltet von der Leipziger Universität, vor seinem Gegenspieler, Dr. Johannes Eck, dem Professor der Theologie aus Ingolstadt, zu behaupten gewagt, dass sich der Papst in Glaubensfragen irren könne. Und mit dieser kühnen Behauptung hatte Martin Luther den Bruch mit seiner Kirche vollzogen, die Gott in seinem Heilsplan zu gründen gedacht, wie der Römische Katechismus des Jahres 1992 lehrt, der Welt geschenkt durch den Heiligen Johannes Paul II., bevor er das Licht, die Sonne, den Mond, die Sterne und die Erde erschuf.

Johann Sebastian Bach, der in Leipzig zum sterblich Unsterblichen aufstieg, war nicht der Favorit unter den Kandidaten für das Amt des Thomaskantors. Der Rat der Stadt unter dem Bürgermeister des Jahres 1723, Adrian Steger jun., der durch den Kurfürsten von Sachsen und König von Polen-Litauen, Friedrich August I., als der Starke in die Geschichte eingegangen, auch für die Jahre 1725, 1727, 1730 und 1732 zum Bürgermeister ernannt wurde, hatte auf seinem Zettel Georg Philipp Telemann stehen, der, in Magdeburg geboren, an der Universität Leipzig Jura studierte, im Selbstverlag seine Werke veröffentlichte, 1712 in Frankfurt am Main städtischer Musikdirektor und 1721 nach Hamburg berufen wurde.

Telemann lehnte die Berufung nach Leipzig ab, wie auch Christoph Graupner, der in Leipzig die Thomasschule besuchte, Jura an der Universität, und Musik bei den Thomaskantoren Johann Schelle und Johann Kuhnau studierte, 1705 Cembalist des Hamburger Opernorchesters wurde, Opern komponierte, die der Landgraf von Hessen-Darmstadt, Ernst Ludwig, hörte, und dadurch zu dessen Hofkapellmeister aufstieg. Wahrscheinlich bot ihm der Landesherr von Hessen-Darmstadt höhere Bezüge – auch die Kunst unterliegt den Gesetzen des Marktes, 1723 wie im Jahre 2023, sodass der Kapellmeister aus Köthen, Johann Sebastian Bach, durch den Rat der Stadt zum Nachfolger Johann Kuhnaus gewählt wurde, damals wie heute ein Beschäftigter der Stadt Leipzig, der dem Bürgermeister und nicht der Kirche und ihren Funktionären untersteht, auch wenn sich die Kirche Martin Luthers als Gottes feste Burg versteht. Doch auch ihr kommen die Gläubigen abhanden, wie auch der katholischen Kirche. Der Glaube versickert, ein Prozess der unaufhaltsam erscheint, doch die Musik Johann Sebastian Bachs hören auch Menschen, und nicht nur in der Thomaskirche zu Leipzig, sondern allüberall auf der Welt, die dem verkündeten Glauben der christlichen Kirchen ferner nicht stehen können.

Doch Johann Sebastian Bach wäre der Welt unbekannt geblieben, der als Protestant eine katholische Messe komponierte, die Hohe Messe in h-Moll, Bachwerke-Verzeichnis 232, ein Gipfelwerk der abendländische Musik, in der Hoffnung Hofkapellmeister in Dresden zu werden, wenn nicht Felix Mendelsohn Bartholdy gewesen wäre, am 3. Februar 1809 in Hamburg geboren, der in seinem kurzen Leben, er starb in seinem 38. Lebensjahr am 4. November 1847 in Leipzig, Johann Sebastian dem Dunkel der Geschichte entriss, indem er durch die Wiederaufführung der Matthäuspassion im Jahre 1829 mit der Berliner Singakademie die Bach-Renaissance einleitete, und Leipzig zur Bach-Stadt machte. Der König von Preußen hieß im Jahre 1829, Friedrich Wilhelm III., der von Sachsen war Anton der Gütige, der im Jahre 1827 Friedrich August I, dem Gerechten, folgte.

Am 4. Oktober 1835, Mendelssohn stand im 26. Lebensjahr, gab er mit dem Gewandhausorchester sein erstes Konzert als Gewandhauskapellmeister, im 22. Jahr nach der Völkerschlacht bei Leipzig, in welchem die Truppen Russlands, Preußens, von Österreich, Schweden und Mecklenburg-Schwerin, unterstützt durch das Vereinigte Königreich, unter Karl Philipp von Schwarzenberg, gegen Napoleon, den Kaiser von Frankreich, und seine Koalition, zu der das Herzogtum Warschau, der Rheinbund, die Königreiche Bayern, Sachsen, Westphalen und Württemberg, die Großherzogtümer Baden, Hessen und Berg, und die Königreiche Italien und Neapel gehörten, mehr als 395.000 Männer um den Sieg kämpften, mehr als 126.000 Opfer zu beklagen waren, ohne die Pferde, und das vor den Toren einer Stadt, die etwas mehr als 30.000 Einwohner hatte, soviel wie zu der Zeit als Johann Sebastian Bach in ihren Mauern lebte. 1813 war auch das Jahr, in welchem am 22. Mai Richard Wagner in ihren Mauern geboren wurde und Goethe die Ballade Der Totentanz schrieb.

Johann Sebastian Bach, der am 28. Juli 1750 starb, dem Jahr, in welchem Voltaire dem Ruf Friedrich des Großen von Preußen folgte, um dessen hochdotierter Kammerherr zu werden, musste feststellen, als er 1753 durch Leipzig reiste, das Johann Sebastian Bach in der Handelsstadt vergessen war, dessen Werke am Hofe Friedrich des Großen zum festen Bestandteil der Soirées im Schloss von Sanssouci gehörten.

Es war Felix Mendelssohn Bartholdy, dessen Musik im Dritten Reich nicht mehr gespielt werden durfte, weil er als Jude geboren wurde, der die Musik Johann Sebastian Bachs dem Dunkel der Geschichte entriss, und durch den Leipzig zur Musikstadt des 19.Jahrhundert wurde, und bis heute und in eine ferne Zeit die Stadt Johann Sebastian Bachs sein wird, dessen Frau, die wunderbare Anna Magdalena, am 27. Februar 1760 als von Almosen lebende Witwe des Komponisten der Matthäuspassion ihr Leben aushauchte, um, wie ihr Mann, unsterblich zu werden.



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