Kulturmanager, Literat & Satiriker


18. November 2022

Das Schweigen der ersten Bundeskanzlerin

irritiert Journalisten wie Georg Mascolo, der den Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung leitet, und auch als Terrorismusexperte der ARD sein tägliches Brot verdient, und der befürchtet, dass die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, zu allen Irritationen über ihre Politik eisern schweigt, wie er ihm Feuilleton der Süddeutschen vom 12. November seine Leserinnen und Leser wissen ließ, und glaubt, erst in ihren Memoiren werde die Bundeskanzlerin a. D. ihr blindes Vertrauen in die Despoten Putin und Xi Jinping erklären und zu rechtfertigen versuchen, die, so las man, im September 2024 erscheinen sollen.

Aber glaubt Herr Mascolo, er würde in der Lebensbeichte, der vita confessio, von Frau Merkel viel Neues erfahren? Glaubt er lesen zu dürfen, dass die Lady, die vom Forbess-Magazin, alle Jahre wieder, als the most powerful women in the world bezeichnet wurde, sich irrte, als sie in der Bundespressekonferenz des 31. August, wie auf dem Bundesparteitag der CDU in Karlsruhe vom 13. bis 15. Dezember 2015, den Delegierten einhämmerte: „wir schaffen das,“ und tosenden Beifall der Christenmänner und wenigen CDU-Frauen erhielt?

Die Folgen ihrer Politik waren, dass eine nicht unerhebliche Zahl der Deutschen ihr nicht mehr folgte, und die Alternative für Deutschland, AfD, mit 12,6 Prozent als drittstärkste Kraft vor der FDP, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/GRÜNE und der CSU in den 19. Deutschen Bundestag einzog, und sie, die viermal gewählte Bundeskanzlerin, bis zu ihrem politischen, wie selbstgewählten Ende, auf Frau Dr. Alice Weidel und Dr. Alexander Gauland blickten musste, der in fast jeder seiner Bundestags-Reden, Reichskanzler Otto von Bismarck, den Gründer des Deutschen Kaiserreiches, zitierte, und der Tochter eines Pastors, der von Hamburg in die DDR zog, um in der Uckermark das Wort Gottes zu verkünden, den Gott, der alles so herrlich regieret, immer wieder sagte: Frau Bundeskanzlerin, Sie schaffen es nicht, und nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört.

Wir wissen nicht, ob Frau Merkel den Islam für eine Religion der Nächstenliebe und des Friedens hält, und ob sie auch glaubt, dass das Christentum eine Religion der Nächstenliebe und des Friedens ist, und jemals in seiner Geschichte gewesen sein könnte, obwohl der Gründer dieser Religion, der Wanderprediger Jesus von Nazareth, der auf dem Konzil von Nicäa des Jahres 325 durch Kaiser Konstantin, den ersten christlichen Kaiser und Despoten, zum Gott erklärt wurde, dem Evangelisten Matthäus folgend, gesagt oder gesagt haben soll: Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Und darum sollte es auch niemanden verwundern, dass der Patriarch von Moskau, der fabelhafte Gottesmann Kyrill I., dessen persönliches Vermögen auf mehr als vier Milliarden US-Dollar geschätzt wird, Putin, den Kriegsfürsten, als podarok ot Boga, als Geschenk Gottes titulierte, und ihm wahrscheinlich auch suggerierte, dass ihn Jesus von Nazareth, der Iskupitel‘, der Erlöser, auf der Straße des Sieges nach Kiew budet soprovozhdat‘, begleiten werde, denn der Glaube kann selbst Berge versetzen, wie auch eine Mehrheit der US-Amerikaner glaubt, dass der Gott des Old Testament, the world created in six days, und in Donald Trump sees his reprentative on earth.

The Business mit Gott war schon immer die beste Geschäftsidee, und brachte reiche Pfründen, denn schon im 5. Jahrhundert gehörte der Kirche mehr als die Hälfte des Bodens Italiens, und nicht nur Adolf Hitler war ein großer Judenhasser, auch, und vor allem die Päpste, denn erst auf dem II. Vatikanischen Konzil der Jahre 1962 bis 1965 sprachen die Konzilsväter, es waren 3044 Männer, und nicht eine einzige Frau war unter ihnen, die, vom Heiligen Geist beseelt, wie sie behaupteten, nach fast zweitausend Jahren christlicher Unheilgeschichte, die Juden vom Gottesmord, mit einer knappen Mehrheit, wie kolportiert wurde, freisprachen, und es war kein Zufall, dass die als Reichskristallnacht in die Geschichte eingegangen Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 an Martin Luthers 455. Geburtstag stattfand, welcher der Nachwelt auch diese Worte aus „christlicher Nächstenliebe“ hinterließ: Man soll ihre Synagogen anzünden, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufen und überschütten. Man soll auch ihre Häuser zerstören. Man soll ihren Rabbinern bei Leib und Leben verbieten, weiterhin zu lehren. Man soll den Juden das freie Geleit auf den Straßen verbieten, denn sie haben nichts im Lande zu suchen.

Und Adolf Hitler schrieb im Jahre 1924 in seinem Essay: Der Bolschewismus von Moses bis Lenin: Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah er den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen. Und 1933, nach der Machtergreifung tönte der Führer: Die nationale Regierung sieht in den beiden christlichen Konfessionen die wichtigsten Faktoren unseres Volkstums. Und so konnte Martin Sasse, der evangelische Landesbischof von Thüringen, Martin Luther als den größten Antisemiten loben und preisen, dessen Gott eine ‚feste Burg‘ war, wie der Text des Kirchenliedes suggeriert, dass zu den bekanntesten gehört, und die dritte Strophe beginnt mit den Luther-Worten: Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll und doch gelingen. Wobei die Frage ist, was gelingen sollte.

Aus Luther sprach der gleiche Ungeist, wie aus den Kirchenvätern Ambrosius, der sich rühmte die Synagoge von Mailand in Brand gesteckt zu haben, Augustinus, der die ewige Knechtschaft der Juden postulierte, Johannes Chrysostomus, der Erzbischof von Konstantinopel, der die Juden als Schweine bezeichnete, der Gottesmann war erfüllt von christlicher Nächstenliebe bis in die letzten Haare seine Patriarchen-Bartes, und nicht zuletzt Kyrill, der Patriarch von Alexandria, der von 375 bis 444 lebte, und die berühmteste Frau der Spätantike, Hypatia von Alexandria, die Astronomin, Mathematikerin und Philosophin, durch den katholischen Mob mit Glasscherben zerfetzen ließ. Diese Gottesmänner waren Antisemiten und übelste Brandstifter, welche als ‚Heilige der Kirche‘ durch die Jahrhunderte geistern, und immer wieder von Bibel-Wissenschaftlern aller nur denkbaren Konfessionen und Sekten zitiert werden, wie zum Beispiel durch den Groß-Theologe und 45. Präsidenten der United States of America, Donald J. Trump, der verkündete: Das Recht auf Waffen kommt von Gott. The right to arms comes from God. Und leider hat dieser fromme Mann, der zurück ins White House will, liest man denn das Old Testament, so Unrecht nicht.

Doch das Juden siebenundsiebzig Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches auf den Straßen Berlins in Angst leben, wenn sie durch die Kippa sich als Juden zu erkennen geben, und Synagogen rund um die Uhr bewacht werden müssen, ist ein permanenter Skandal, der beweist, dass ein Teil der deutschen Gesellschaft nichts aus der Geschichte gelernt hat und lernt, und das in einer Stadt, in welcher der Freund Voltaires, Friedrich II. von Preußen, regierend von 1740 bis 1786, verkündete: in meinem Staate kann jeder nach seiner Façon selig werden. Dans mon état chacun peut etre sauvé à sa manière.

Aber wie Voltaire sein ganzes Leben für liberté, egalité et fraternité mit der spitzen Feder der Satire kämpfte, so kämpfte in Deutschland Gotthold Ephraim Lessing in seinen Dramen und Essays für die Aufklärung von christlichem Ungeist und hinterließ uns das Ideendrama Nathan der Weise, welches im Jahre 1779 erschien, und am 14. April 1783, drei Jahre vor dem Tode Friedrich II., in Berlin uraufgeführt, im Jahre 1192 in Jerusalem spielt. Lessing setzte in der Figur des Nathan seinem Freund Moses Mendelssohn, dem Begründer der jüdischen Aufklärung, ein Denkmal.

Aber von Lessing zu Merkel, die ihre Memoiren schreibt, unterstützt von ihrer politischen Beraterin und ehemaligen Büroleiterin – Beate Baumann. Könnte Frau Merkel nicht heute schon sagen, warum sie, die der russischen Sprache mächtig, sich dem Despoten Putin auslieferte, und mit ihm alle Deutschen, die sie viermal zur Bundeskanzlerin wählten, und auch, die sie nicht wählten, indem sie nach dem Reaktor-Unglück von Fukushima den Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie verkündete, und sich abhängig vom Gas und Öl ihres „Freundes“ Putin machte, den Gerhard Schröder, als lupenreinen Demokraten bezeichnete, und mit ihm den Petersburger Dialog gründete? Wie konnte sich diese Frau so sehr von Putin täuschen lassen, und ging es nicht bei dem Ausstieg aus der Atomenergie nicht zuletzt auch darum mit den Grünen im Jahre 2013 eine Koalition zu schmieden. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Wer die Rede Wladimir Putins vom 25. September 2001 im Deutschen Bundestag liest, fragt sich, warum wir im Jahre 2022 wieder dastehen, wo die Politik vor Michail Gorbatschow stand, dem wir Deutschen die Einheit in Freiheit verdanken, und der in seiner Memoiren schrieb: Alle politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Probleme sind in Europa unausweichlich mit einander verknüpft. Diese Realität zu ignorieren, bedeutet letzten Endes eine Gefährdung der eigenen Interessen. Die Partnerschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland aber gehören zu den Schlüsselelementen jedes ernstzunehmenden Projekts für den gesamteuropäischen Aufbau.

Wir wissen nicht, wie der Krieg in der Ukraine enden wird, und wie lange Putin noch an der Macht ist. Julius Caesar wurde von sechsundzwanzig Senatoren an den Iden des März des Jahres 44 vor Christus ermordet, und unter seinen Mördern war auch Marcus Iunius Brutus, der nach der Schlacht von Philippi in der römischen Provinz Griechenland am 23. Oktober 42 vor Christus, dem Jahre 712 ab urbe condita, seit der Gründung Roms, Selbstmord beging. Es war das Jahr, in welchem Julius Caesar zum Divius Julius, zum höchsten Staatsgott, neben Jupiter Optimus Maximus, erhoben wurde.

Zur deutsch-russischen Geschichte gehört auch die Dynastie Romanow-Schleswig-Holstein-Gottorf, beginnend mit Kaiser Peter III., dem Patenkind Kaiserin Elisabeths I., der Tochter Peter des Großen, der als Karl Peter Ulrich von Schleswig-Holstein-Gottorf am 21. Februar 1728 in Kiel geboren, die Prinzessin Sophie Auguste von Anhalt-Zerbst auf Befehl seiner Tante, Kaiserin Elisabeth, heiraten musste, die zur allmächtigen Kaiserin Russlands wurde – Katharina II., die Große, Katarina Velikaya, und die ihren Mann durch einen ihrer Liebhaber ermorden ließ, während ein anderer ihrer Liebhaber, Fürst Grigori Alexandrowitsch Potjomkin, im siebten russisch-osmanischen Krieg die Krim eroberte, Sewastopol gründete, und die wichtigste Persönlichkeit in der Eroberung, Erschließung und Besiedlung von Neurussland war, der in Cherson beerdigt wurde, und dessen Gebeine Wladimir Putin am 22. Oktober nach Russland überführen ließ, damit seine sterblichen Überbleibsel nicht in die Hände Wolodymyr Selenskyj fallen sollten.

Übrigens, von den sieben deutsch-russischen Kaisern der Dynastie Romanow-Schleswig-Holstein-Gottorf, starben vier auf nicht natürlich Weise, nämlich Kaiser Peter III., Paul I., der Sohn Katharinas der Großen und Peter III., Alexander II., der die Leibeigenschafft abschaffte, er starb durch ein Sprengstoffattentat und Nikolaus II., der mit seiner Familie auf Befehl Lenins mit seiner Familie am 17. Juli 1918 ermordet wurde.

Peter III., der nur sechs Monate, dank seiner Frau regierte, schaffte die Salzsteuer ab, lockerte das Reiseverbot, führte eine Luxussteuer für den Adel ein und bereitete ein Gesetz vor, das die Rechte der orthodoxen Kirche beschneiden, und die Bauern aus der Leibeigenschaft der Kirche befreien sollte, er verkündete die Glaubensfreiheit und öffentliche Gerichtsverfahren.

Als der 4. von Putin und Gerhard Schröder initiierte Petersburger Dialog vom 9. bis 10. September 2004, ein Jahr vor der Machtübernahme Merkels, in Hamburg stattfand, reisten die Freunde Putin und Schröder nach Schleswig, und besichtigten das Schloss Gottorf. Katharina die Große war übrigens auch Herzogin von Schleswig-Holstein-Gottorf und Herrin von Jever in Friesland, der Stadt, die durch ihr Jever-Bier bekannt ist.

Und Frau Merkel wird wahrscheinlich weiter schweigen, doch ob sie auch in ihren Memoiren auf hunderten Seiten schweigen wird, werden ihre Leser irgendwann erfahren, unter ihnen auch Georg Mascolo.



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