Kulturmanager, Literat & Satiriker


01. Juli 2022

Das sinkende Schiff

Im Jahre des Herren 2021 haben 359.338 Katholiken, Frauen und Männer ihre Kirche verlassen, obwohl sie den gläubig Glaubenden ein Leben in der Herrlichkeit Gottes, seit den Tagen des Apostel Paulus versprach, verspricht, und versprechen wird. 2019 verließen 272. 771 Frauen und Männer die Kirche, die der Sohn Gottes selbst gegründet, im Jahre des Herren 2014 waren es 217.716 Gläubige, welche die ‚einzig wahre Kirche Gottes‘ – Halleluja, hinter sich ließen, und im Anno Domini 2010, es war das Jahr, in welchem nach dem Rücktritt Horst Köhlers, Christian Wulff zum 10. Bundespräsidenten gewählt, und Lena Meyer-Landrut den Song-Contest in Oslo gewann, versagten 181.193 der Kirche der Apostelfürsten Petrus und Paulus, die sich in ihrem Leben in der Nachfolge Jesu nicht grün waren, die weitere Gefolgschaft, und im Heiligen Jahr 2000 waren es 129.496 Katholiken, die der Kirche Ade sagten, die damals von Johannes Paul II. geleitet wurde, der die Worte hinterließ: Wir stehen heute am Ende dieses Jahrhunderts, vor dem materiellen und moralischen Trümmerhaufen, antequam materia et moralis ruderibus, den so viele Ideologien angerichtet haben.

Ob Johannes Paul II. auch seine Kirche in diesen Satz mit einschloss, darf bezweifelt werden, obwohl die ecclesia Germaniae, nach der Jahrtausendwende, nie weniger als von 100.000 Mitgliedern alljährlich verlassen wurde, über die wir im Katechismus des Jahres 1992 lesen: Die Kirche ist in dieser Welt das Sakrament des Heils, das Zeichen und Werkzeug der Gemeinschaft mit Gott und den Menschen.

Und diese Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen, inter Deum et hominem, verließen in den Jahren 2010,2014, 2019 und 2021 insgesamt 1.032.018 mit Weihwasser getaufte Frauen und Männer, das sind so viele Menschen, wie Köln, die Stadt von Tünnes und Schäl und Rainer Maria Kardinal Woelki, Einwohner hat. Und nimmt man die 18 Jahre von 2000 bis 2019 noch dazu, kommt man auf weitere mehr als 1.8 Millionen Kirchenaustritte, und die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz, die alljährlich am Grab des Heiligen Bonifazius in Fulda zusammenkommen, werden sich irgendwann die Frage stellen, ob es nicht Sinn macht, einen Gottesstaat zu gründen, wie den Iran oder Saudi-Arabien, in denen ein Apostat zuerst gefoltert und dann enthauptet wird, also wie im Patrimonium Petri, dem Gottesstaat der Päpste, der von 756 bis 1870, von Papst Stephan II. bis zu Pius IX. existierte – laudate Jesum Christum, denn noch heute zwingt die Kirche die Menschen zur Sonntags – und Bußpflicht, doch sie besitzt nicht mehr die Macht der virtus caritatis, zu Deutsch der ‚Nächstenliebe‘, um diese Gesetze in Anwendung zu bringen, sprich die Macht der Kirche, die sich nicht zuletzt in der Gründung der Sanctae Romanae et universalis Inquisitionis manifestierte, ist geschmolzen wie das Eis in der calor aestatis, der Hitze des Sommers.

Und wer an die ‚wahre Kirche Jesu Christi‘, denkt, kann nicht umhin an den Antisemitismus der Kirche der Päpste durch die zwei Jahrtausende ihrer horrendum historia, ihrer grauenhaften Geschichte zu denken, denn wie sagte noch Pius X., der am 20. August 1914 starb, und durch Pius XII. zum Heiligen erhoben wurde: Die jüdische Religion war die Basis der unseren, aber sie wurde ersetzt durch die Lehre Christi, und wir können ihr keinen weiteren Bestand zuerkennen. Und nicht nur die Juden wurden drangsaliert, auch die Bauern, denn das freie Bauerntum wurde durch die Kirche vernichtet, die agricolae wurden zu Leibeigenen auf den kirchlichen Domänen und konnten mit dem Land vererbt, verkauft vertauscht und verschenkt werden, wie es dem Bischof oder Abt beliebte, und die Bauernaufstände gegen die Pfaffen ziehen sich als breite Blutspur durch die Geschichte des christlichen Abendlandes, denn Martin Luther, der furchtbare Augustiner-Mönch und Reformator, der grauenhafte Antisemit und rusticus hostis, der Bauernfeind, der predigte, man solle sie, die Bauern, zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss, war nicht besser als die Mächtigen der Kirche von Rom, der er bis zu seinen Thesenanschlägen angehörte. Luther war ein wahrer Gottesmann, der in seiner Liebe zu seinem Nächsten nicht hinter dem Papst von Rom, den er eine Sau und einen Teufel nannte, nicht zurückstehen wollte.

Wie die Papstkirche, verriet Luther die Armen, die leibeigenen Bauern, machte er aus seiner Reformation nur einen Vorteil der Fürsten, sodass Thomas Müntzer, der Prediger gegen den „Leisetreter“, das „sanftlebende Fleisch“ und „Mastschwein“ von Wittenberg, den „Doktor Lügner“ seine flammende Proteste richtete.

Die Menschen waren Gefangene der Kirche, in Deutschland bis zum Jahre 1919, dem Ende des Kaiserreiches, als die Republik von Weimar ausgerufen wurde. 33.842 Katholiken und 271.582 Protestanten, suchten die Freiheit von Priesterzwang und lächerlicher Bevormundung, und 2021 waren es 359.338 Katholiken und 280.000 Protestanten, welche ihre Kirchen verließen.

Die vera Ecclesia Jesu Christi, die Kirche der Päpste, führte das Gebot der Sonntagspflicht noch vor der konstantinischen Wende des Jahres 313 ein. Und da die Bischöfe und Priester ihre Glaubwürdigkeit jedes Jahr noch mehr verspielen, wird das Jahr kommen, in dem die Konfessionslosen die 50 Prozent Marke überschreiten, und die Religiösen nicht mehr die Mehrheit bilden, und es darf bezweifelt werden, dass das Ende des Pflichtzölibats und die Ordination der Frauen die Flucht aus der Kirche von Rom zum Stillstand bringt.



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