Kulturmanager, Literat & Satiriker


12. Mai 2022

Es kommt der Tag, der alles lösen wird

Im Jahre 2012 fand das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung Mariss Jansons, dem am 1. Dezember 2019 verstorbenen Chefdirigenten des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, nicht ohne Horst Seehofer statt, der dem weltberühmten Dirigenten aus dem Baltikum, den Bau eines Konzertsaales versprochen hatte. Auf dem Programm stand unter anderem die Polka Entweder – oder!, Opus 403, von Johann Strauss, dem Sohn und Walzerkönig, und man darf davon ausgehen, dass der Besuch des Nachfolgers bayerischer Könige das sichtbare Zeichen für alle Freunde der Musik in Bayerns Hauptstadt sein sollte, die sich für das von Eugen Jochum gegründete Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, nach dem Ende Adolf Hitlers, der München zur ‚Hauptstadt der Bewegung‘ gemacht, einen eigenen Konzertsaal wünschten.

Aber wird der Konzertsaal je gebaut werden, nachdem der Nachfolger Seehofers, laut über den BR-Saal nachdachte? Diese Fragen stellen sich viele und wünschen sich wahrscheinlich einen Mann oder eine Frau in der Staatskanzlei, der oder die den Konzertsaal auf dem Pfanni-Gelände verwirklicht und den Bau, der an einen Sarkophag denken lässt, erbauen wird, denn der augenblickliche Inhaber des höchsten Staatsamtes im Freistaates Bayern, der Franke Markus Söder, aus der Dürer-Stadt Nürnberg, der Stadt der Meistersinger – Gott mit dir du Land der Bayern – hat laut darüber nachgedacht, und nicht nur einen Sturm im Wasserglas entfesselt, ob München noch einen weiteren Konzertsaal benötige, denn gibt es nicht schon die Isar-Philharmonie, und auch die Philharmonie im Gasteig wird saniert. Warum also noch einen Saal für die Hochkultur?

Und wer an Söder denkt, denkt irgendwann auch an die Herrscher, die diesem Mann vorausgingen, die Majestäten aus dem Hause Wittelsbach, die von 1214 bis 1918 über Bayerns Hain und Fluren und seine Menschen herrschten, unter ihnen König Ludwig I., der, wie niemand vor und nach ihm, München veränderte, der München zur Stadt der Kunst und zum Isar-Athen machte – und dessen Prachtbauten alljährlich Touristen aus aller Welt anziehen, wie die Königsschlösser seines Enkels, Ludwig II., des Märchenkönigs.

Die Ludwigstraße, nach dem zweiten König von Bayern benannt, sein Reiterstandbild, 1862 durch den Bildhauer Max von Widmann, erinnert an sein Leben zählt, zu den bedeutendsten Palaststraßen Europas, sie beginnt mit der Feldherrnhalle, und endet mit dem Siegestor, erbaut nach dem Vorbild des Konstantinbogens in Rom durch den Architekten Friedrich von Gärtner.

Ludwig I. war der Bauherr der Staatsbibliothek, der Alten Pinakothek, des Königsplatzes mit den Propyläen, der Antikensammlung und der Glyptothek. Ludwig I., der Liebhaber schöner Frauen, wer denkt nicht an seine Schönheitsgalerie, gemalt von Joseph Karl Stieler, seinem Hofmaler, war auch Bauherrn der Ruhmeshalle und der Bavaria. Und die Stadt München verdankt ihm das Oktoberfest, das anlässlich seiner Vermählung mit der evangelischen Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen erstmals im Jahre 1810 veranstaltet wurde, und im Jahre 2022 seine Fortsetzung findet, denn die Corona-Pandemie soll sich verflüchtigt haben, und Söder, der Mann aus Franken, braucht das Oktoberfest mehr als den Konzertsaal für das Bayerische Rundfunk-Symphonieorchester, der Arbeitgeber des Bayerischen Staatsorchesters, das seine Akademiekonzerte seit 1811 veranstaltet, und die ab 1828 im neu erbauten Odeonssaal stattfanden, auch dieser erbaut von König Ludwig I., der mit seinen 1500 Plätzen zu den schönsten Konzertsälen des 19. Jahrhunderts zählte, und im Krieg Hitlers gegen den Rest der Welt unterging.

Und was wäre die Stadt München ohne ihre weiteren Prachtstraßen, von ihren Königen erbaut, der Maximilianstraße, der Prinzregenten – und Brienner-Straße, benannt nach der Schlacht von Brienne am 29. Januar 1814? Die Konfliktparteien in den Befreiungskriegen waren Frankreich unter Napoleon Bonaparte, und Preußen und Russland unter Gebhard von Blücher, an denen die Prachtbauten Münchens liegen, die zu den schönsten Städten der Welt durch das Geschlecht der Wittelsbacher zählt.

Und, nicht zu vergessen, die Münchner Residenz, erbaut in vier Jahrhunderten von den Architekten Friedrich Sustris, Joseph Effner, Francois de Cuvilliés dem Älteren und Leo von Klenze, das mit mehr als 40.000 Quadratmetern Grundfläche das größte Stadtschloss Deutschlands ist, mit dem Antiquarium als größtem Renaissance-Saal nördlich der Alpen, dem Königsbau und Festsaalbau, Bauherr – Ludwig I.

Und das Königliche Hof und Nationaltheater wurde in den Jahren 1810 bis 1817 durch König Maximilian I. Joseph erbaut, und nach dem Großbrand des Jahres 1823 neu errichtet, und nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Nationaltheater unter den CSU-Ministerpräsidenten Hanns Seidel, Hans Ehard und Alfons Goppel neu und in alter Pracht wieder aufgebaut, doch nicht zuletzt durch die Initiative eines CSU-Mannes, der im Stadtrat von München saß, Jakob Baumann, dem unermüdlichen Förderer der Kunst, und Gründer der Freunde des Nationaltheaters und der Theatergemeinde München.

Und man wundert sich schon, wie schnell in früheren Zeiten gebaut, und mit welcher Pracht gebaut wurde, obwohl auch damals der Widerstand gegen Bauvorhaben nicht geringer war, als heute.

Ludwig I., der als König wegen seiner Affäre mit Lola Montez abdankte, musste sich gegen den Stadtrat Münchens durchsetzen, der gegen den Bau der Ludwigstraße votierte. Und man darf gespannt sein, ob Markus Söder den Bau des Konzerthauses verhindert, den auch seine Parteifreunde kaum als Kunst – und Musikfreund bezeichnen würden, auch wenn er alle Jahre wieder zur Eröffnung der Richard Wagner-Festspiele nach Bayreuth aufbricht.

Im Jahre 2023 muss sich Markus Söder zur Wiederwahl stellen, der Kanzler werden wollte, und sich einen Machtkampf mit dem Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, lieferte, den Olaf Scholz gewann. Auch bescheinigte die Junge Union Bayerns ihrem Landesvater Markus Söder, und dass mit beeindruckenden 75 Prozent auf ihrem Parteitag in Deggendorf im Jahre 2021, dem Jahr des Sturmes auf das Kapitol, dem Jahr in welchem der FC Bayern, wie schon in den Jahren zuvor Deutscher Meister wurde, dass er als Zugpferd untauglicher nicht sein könne. Und wer die Erfolge Horst Seehofers als Wahlkämpfer mit Markus Söder vergleicht, fragt sich schon, ob es nicht einen besseren Kandidaten für die CSU in ihrem Kampf um die Macht für weitere fünf Jahre gibt, der schon als Kanzler und Nachfolger Frau Merkels gehandelt wurde, und den Seehofer als seinen Nachfolger auserkoren hatte – Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg, nein Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg, Sohn des Dirigenten Enoch zu Guttenberg, der an der University of Southampton, sie gehört zu den Global top 100 Universitys, seinen zweiten Doktortitel erhielt, der ihm wahrscheinlich nicht mehr genommen wird, wie sehr sich auch die Plagiatsaktivisten auf den Weg machen, um ihn, den Freiherrn aus Franken, ein zweites Mal zu erledigen.

Und ein Blick auf die Wahlen in Bayern macht nachdenklich, wenn man an Markus Söder als Wahlkämpfer und Hoffnungsträger denkt. Im Jahre des Herrn 2003 siegte Edmund Stoiber mit satten 60,7 Prozent, 2008 war Günther Beckstein nicht der Mann der Stunde, der gemeinsam mit Erwin Huber gegen Stoiber den Putsch wagte, und die stolze Partei des Franz Josef Strauß auf 43,4 Prozent in der Gunst der Bayern absacken ließ, Seehofer, der Retter der CSU aus höchster Not, siegte 2013 mit 47,7 Prozent, und konnte wieder ohne Koalitionspartner regieren, doch Markus Söder, der stolze Franke, fiel mit der CSU im Jahre 2018 auf 37,2 Prozent, und die CSU ist, sieht man auf die neusten Umfragen, von der absoluten Mehrheit im Wahljahr 2023 weit entfernt, und die Generalsekretäre der CSU, die Herren Stephan Mayer und Martin Huber, haben die Lage nicht verbessert. Haben also die Jungen Unionisten der CSU recht mit ihrer Feststellung, dass Söder kein Zugpferd mehr ist? Doch die Frage am Kabinetttisch ist, ob der Verzicht auf einen weiteren Tempel der Hochkultur durch Markus Söder zur absoluten Mehrheit im Landtag des herrlichen Bayernlandes führt, denn mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten, heißt es im Lied von der Glocke von Friedrich Schiller. Und Friedrich Schiller hinterließ uns auch diese Worte: Es kommt der Tag, der alles lösen wird.



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