Kulturmanager, Literat & Satiriker


27. März 2023

Olaf hat euch lieb

Wenn im Fußball Bayern München ein Tor mehr gegen Paris Saint Germain, Borussia Dortmund oder Mainz 05 schießt, wird auch dem denkbar größten Fußball-Fan des unterlegenen Vereins klar, dass sein Verein das Spiel verloren hat. Auch beim Skispringen gilt, wer einen Zentimeter weiterspringt als die Konkurrenten, geht als Sieger nach Hause, und auch bei Slalom- und Abfahrtsrennen ist die Regel und nicht die Ausnahme, wer auch nur eine hundertstel Sekunden schneller ist, bekommt den Siegerkranz aufs Haupt. Doch dieses einfache Prinzip gilt nicht bei politischen Wahlen, da gilt Mehrheit ist noch lange keine Mehrheit, denn in Deutschland herrscht nicht, wie in Great Britain das relative Mehrheitswahlrecht, und das beinhaltet: Jeder Wähler, ob Lady or Gentleman, kann nur ein Kreuz hinter einem Kandidaten machen, und gewählt ist, wer die meisten Voten erhält, und wenn es nur einzige Stimme mehr ist. Also für alle, welche die Grundrechenarten beherrschen, wer im Wahlkreis Oxford, Cambridge or Winchester nur eine einzige Stimme von den zur Auswahl stehenden Kandidaten für das Unterhaus mehr erhält, zieht ins Unterhaus, alle anderen Stimmen verfallen, The winner takes it all.

Das englische Parlament trat am 20. Januar 1265 zu seiner ersten Sitzung zusammen und das Parlament der „Parlamentarischen Republik“ von San Marino ist noch älter, denn es wurde im Jahre 366 gegründet, also 41 Jahre, nachdem der Wanderprediger Jesus von Nazareth, auf dem Konzil von Nicäa durch Kaiser Konstantin I., zum Gott erklärt wurde, eines Wesens mit seinem Vater, dem Gott Israels, der Moses auf dem Berge Sinai seine Zehn Gebote diktierte, und das Erste Gebot lautet bis heute: Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.

Und das wollen auch Frau Barbock, Herr Scholz und die Herren Habeck und Lindner nicht, nämlich andere Götter neben sich dulden, und so haben sie sich ein neues Wahlgesetz beschert – ist schon wieder Weihnachten? – welches nicht nur die CSU, sondern auch die Linken aus dem 21. Deutschen Bundestag katapultieren soll, eine Absicht, die Markus Söder dazu verleiten könnte, Bayern für unabhängig zu erklären, und nach 105 Jahren Bayern wieder zum Königreich zu erklären – denn auch Österreich gehörte einmal zum Deutschen Reich, und nicht nur von 1938 bis 1945, sondern es gehörte, bis zur Schlacht von Königsgrätz, sie fand am 3. Juli 1866 nahe bei dem Dorf in Böhmen statt, auch zum Deutschen Bund. Preußen siegte bei Königsgrätz unter Helmuth von Moltke über Österreich und Sachsen, auch gab es reichlich Tote, Vermisste und Verwundete, für Preußen starben 1.929 und für Österreich und Sachsen 5.658, auch starben mehr als 6.000 Pferde, die Unschuldigsten von Allen.

Das neue Wahlgesetz, welches unter Olaf Scholz, wahrscheinlich auf Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Bundesregierung, ersonnen wurde, ließ nicht nur Friedrich Merz und Markus Söder zur Beruhigungspille greifen, sondern auch den Vorstand der Partei ‚Die Linke‘ an den Demokratoren Scholz, Baerbock, Habeck und Lindner und an deren innerer Lauterkeit zweifeln, der mit Sahra Wagenknecht schon genug geschlagen ist, und auch Gregor Gysi, der Altmeister des politischen Humors, sieht wahrscheinlich in den Taten des politischen Quartetts, drei Männer mit einer Frau, in den Farben Gelb-Grün-Rot einen Angriff auf die Demokratie im Vaterland der Deutschen. Warum eigentlich Vaterland und nicht Mutterland, hat sich vielleicht oder auch nicht Gregor Gysi gefragt, der im Jahre 1989 zum Vorsitzenden der SED gewählt wurde, die sich nach der Wende in PDS umbenannte, und sich dann „Die Linke“ taufte.

Gysi, der unter Klaus Wowereit, dem Bekenntnispolitiker, Senator des Landes Berlin für Wirtschaft, Arbeit und Frauen war – ja auch für Frauen! – hat wahrscheinlich an Erich Honecker denken müssen, als er im 20. Deutschen Bundestag bei der Abstimmung über die Wahlrechtsreform von Olaf Scholz und Genossen überstimmt wurde, und wahrscheinlich hat er sich gefragt, ob Frau Baerbock, und die Herren Habeck, Linder und Scholz noch lupenreine Demokraten sein könnten, so lupenrein wie Wladimir Putin.

Die Duma, das russische Parlament, welches mehr als 144 Millionen Russinnen und Russen vertritt, besteht aus 450 Abgeordneten und die Damen und Herren werden für die Dauer von 5 Jahren gewählt. China hat bei 1,4 Milliarden Einwohnern 2.980 Volksvertreter und Deutschland, das Land mit dem zweitgrößten Parlament weltweit, und 84 Millionen Einwohnern, plus Illegale, 735 Volksvertreterinnen mit einem Frauenanteil von 34,7 Prozent, gefolgt vom Europäischen Parlament, mit 705 Deputierten und einem Frauenanteil von 40,4 Prozent, die 446,8 Millionen Europäer vertreten.

Und während das deutsche Verhältniswahlrecht unverständlicher nicht sein kann, der Politexperte des ZDF, Professor Dr. Karl-Rudolf Korte, mit dem Zweiten soll man besser sehen als bei den Sendern der ARD – hat Mühe dieses Wahlrecht verständlich zu machen, und das, obwohl er als Professor für Political Science an der Universität Duisburg-Essen und als Direktor der NRW School of Governance seine Brötchen verdient, denn unter den vielen Essays die sinnbildlich aus seiner Feder stammen, stammt auch der Essay mit dem Titel Wer schützt die Wähler vor dem Wandel? Ein Essay, den wahrscheinlich weder Annalena Baerbock, noch Robert Habeck, der Philosoph aus dem Land zwischen den Meeren, Schleswig Holstein, noch Christian Lindner, und wohl auch Olaf Scholz nicht gelesen haben, der mit dem Slogan für sich warb und wirbt – Olaf hat euch lieb.

Ja wer schützt die Wähler nicht nur vor dem Wandel, sondern überhaupt vor den Politikern aller Farben? Doch eine Frage an die Bundes-Verantwortlichen in Berlin, der Spaßhauptstadt Deutschlands. Wäre es nicht sinnvoll, wenn man die Zahl der Abgeordneten, ob Frauen oder Männer, auf 401 begrenze, also etwas weniger als Russland, das Land der Freiheit und der Menschenrechte von Putins Gnaden, der mit den Gedanken spielen soll, nach der Ukraine, auch Polen wieder seinem Reich einzugliedern, und am Rhein seine Soldaten durch Patriarch Kyrill segnen zu lassen, bevor diese auch den Rest Europas erobern, also die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich, Spanien und Portugal?

Man unterteile die Bundesrepublik Deutschland doch bitte in 401 Kuchenstücke, sprich Wahlkreise, auch 201 Wahlkreise würden eigentlich genügen, und wer im Wahlkreis Eins bis Vierhunderteins auch nur eine Stimme mehr hat – im Fußball muss man ein Tor mehr schießen als der Gegner auf dem Felde, um zu siegen, ob der FC Bayern oder der TuS Ergenzingen, bei dem Jürgen Klopp einmal kickte – hat den Wahlkreis gewonnen, wobei wir dann allerdings bei Gregor Gysi wären, denn dieser Mann mit Humor hat den Wahlkreis 85: Berlin Treptow-Köpenick auch 2021 mit 35,4 % der Erststimmen gewonnen, vor Anna-Maria Trasnea, die für die SPD an den Start ging, die auf 15,4 % kam, und vor Claudia Pechstein, die für die CDU kämpfte, die fünfmalige Olympiasiegerin, und neunmalige Weltmeisterin im Eisschnelllaufen über die verschiedensten Distanzen.

Gysi, der nicht für sportliche Leistungen bekannt ist, es sei denn, er habe an einem Wettbewerb für Kuhmelker in der DDR teilgenommen, denn Gysi hat in der DDR nicht nur das Abitur mit Glanz und Gloria bestanden, sondern auch den Abschluss als Facharbeiter für Rinderzucht im VEG Blankenfeld, hat den Wahlkreis 85 seit 2005 immer direkt gewonnen, und war so mutig sich bei der letzten Wahl nicht über die Landesliste abzusichern, und warb mit den Worten: Ich brauch mal wieder eure Erststimme. Gysi ist das leuchtende Beispiel für das Mehrheitswahlrecht.

Und würde ab 2025 nach dem Mehrheitswahlrecht in Deutschland gewählt, wären möglicherweise nur drei Parteien im 21. Bundestag vertreten, die CDU, die CSU, die SPD, und Gregor Gysi. Aber da nur ein einziges Mal die SPD die Mehrheit der Direktmandate gewann, 1998 mit Gerhard Schröder, der den Kanzler der Deutschen Einheit, Helmut Kohl besiegte, scheuen die Frauen und Männer der SPD, die als einzige im Jahre 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz Adolf Hitlers stimmte, das Mehrheitswahlrecht, wie der Kirchen-Teufel das Weihwasser.

Ob Gregor Gysi sich auch 2025 noch einmal um das Direktmandat Nummer 85 bewirbt ist eine offene Frage, denn 2025 ist Gysi erst 77 Jahre, denn Udo Jürgens belehrte uns, dass mit 66 das Leben erst richtig anfange, und auch mit 88 Jahren muss noch nicht Schluss sein.

Aber auch die SPD könnte 2025 die Mehrheit der Direktmandate gewinnen, wenn sie denn Persönlichkeiten aufstellte, Persönlichkeiten wie Gregor Gysi, dessen Vater, Klaus Gysi Botschafter der DDR am Quirinal und Vatikan war, und mit Papst Paul VI. Gespräche über die Zukunft, la futura, des Katholizismus und Kommunismus führte.

Beim Mehrheitswahlrecht kommt es auf Persönlichkeit an, und da ist Gregor Gysi unter den derzeit 736 Volksvertretern des 20. Deutschen Bundestag, 138 von ihnen sitzen durch Überhangmandate unter dem Bundesadler, weder zu übersehen, noch zu überhören, ein Fixstern des politisches Geschäftes.

Den Bundestagswahlkreis Potsdam-Potsdam-Mittelmark II-Teltow Fläming II gewann übrigens Olaf Scholz, denn wie sagte der Mann aus Hamburg-Altona, der nicht wenige in seinem Charm an einen Vollziehungsbeamten des Finanzamtes Hamburg-Altona denken lässt – Olaf hat euch lieb.



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